Vorfälligkeitszinsen bei Kreditablösung
Die Vorfälligkeitszinsen entsprechen dem Zinsschaden, den eine Bank dadurch erleidet, dass sie den Darlehensnehmer vorzeitig aus dem Darlehensvertrag entlässt. Ein Zinsschaden entsteht immer dann, wenn der bei Darlehensabschluss vereinbarte Nominalzins höher ist als der Zins zum Zeitpunkt der Kündigung. Wurde beispielsweise 2011 ein Darlehen mit einem Sollzins von 3,77 Prozent abgeschlossen und beträgt der Zins derzeit 0,8 Prozent, müsste die Bank bei einer vorzeitigen Kündigung auf den größten Teil ihrer Einnahmen verzichten. Die Ermittlung des Zinsverschlechterungsschadens ist sehr komplex.
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1. Wie werden die Vorfälligkeitszinsen ermittelt?
Es gibt zwei Methoden, den Zinsverschlechterungsschaden zu ermitteln. Bei der Aktiv-Aktiv-Methode wird unterstellt, dass die Bank das Geld aus der vorzeitigen Tilgung des Darlehens wieder neu verleihen würde – im vorherigen Beispiel zu 0,8 %, d.h. um fast 3 Prozentpunkte weniger als zuvor. Beim Aktiv-Passiv-Verfahren hingegen wird angenommen, dass die Bank mit dem vorzeitig erhaltenen Geld Hypothekenpfandbriefe kauft, um den Zinsschaden zu kompensieren. In der Regel fällt der Schaden dann noch größer aus, da Hypothekenpfandbriefe praktisch keine Rendite abwerfen. Auf letzterem Verfahren basieren die gängigen Vorfälligkeitsrechner im Internet.
immoverkauf24 Hinweis: Sondertilgung beachten!
Bei der Berechnung der Vorfälligkeitszinsen müssen Sondertilgungen auch dann berücksichtigt werden, wenn sie gar nicht geleistet wurden – und zwar in voller Höhe und über die gesamte Zinsbindungsfrist. Nicht immer wird dies korrekt berechnet und der Vorfälligkeitszins fällt dann deutlich höher aus. Daher empfiehlt es sich generell, beim Konditionsvergleich für die Anschlussfinanzierung auf hohe Sondertilgungsmöglichkeiten zu achten.
2. Wie setzen sich die Vorfälligkeitszinsen zusammen?
Die Vorfälligkeitszinsen spiegeln den Zinsschaden der Bank wider. Darüber hinaus sind weitere Kostenpositionen zur Berechnung des Vorfälligkeitsentgeltes zu berücksichtigen, d. h. zur Berechnung der Gebühr, die der Darlehensnehmer aufgrund der vorzeitigen Kündigung an die Bank bezahlen muss.
Restschuld bei Kreditablösung | 100.000 EURO |
Restlaufzeit Darlehen | 2 Jahre |
Nominalzins | 4,0 % |
Wiederanlagezins | 0,5 % |
Höhe monatliche Rate | 1.000 Euro |
Die Vorfälligkeitszinsen müssen noch um Kosten korrigiert werden
Vorfälligkeitszinsen | 6.420 Euro |
- Risikoersparnis | 90 Euro |
- Ersparnis Verwaltungskosten | 200 Euro |
+ Bearbeitungsgebühr | 100 Euro |
= Vorfälligkeitsentgelt | 6.230 Euro |
Das Beispiel zeigt, dass vor allem die Vorfälligkeitszinsen die Strafgebühr bei einer vorzeitigen Kreditrückzahlung bestimmen. Aber die Bank muss von den Zinsen noch die "Risikoersparnis" (Bandbreite zwischen 0,01 und 0,1 Prozent pro Jahr) abziehen, weil ein gekündigtes Darlehen nicht mehr ausfallen kann. Auch eingesparte Verwaltungskosten müssen in Abzug gebracht werden. Dagegen ist die Bank berechtigt, bis zu 300 Euro Bearbeitungsgebühr für die vorzeitige Beendigung des Darlehens zu berechnen.
Die Vorfälligkeitsentschädigung bei Hausverkauf kann sehr hoch ausfallen, wenn:
- das Darlehen noch lange läuft
- die Restschuld bei Kündigung noch hoch ist
- der Zinsunterschied bei Abschluss – und Kündigungszeitpunkt groß ist
3. Lohnt eine Umschuldung trotz Vorfälligkeitszins?
Aufgrund der aktuell niedrigen Zinsen wäre eine Umfinanzierung eines laufenden höher verzinsten Darlehens für viele Darlehensnehmer sehr attraktiv, doch zum einen muss die Bank einer vorzeitigen Kündigung ohne triftigen Grund wie dem Hausverkauf oder einer Scheidung nicht ohne weiteres zustimmen. Und zum anderen muss ermittelt werden, ob die Zinsersparnis nicht durch die Vorfälligkeitszinsen wieder aufgezehrt wird.
Wer nachrechnen will, braucht folgende Informationen:
- Höhe des Entgeltes an die Bank
- Zinskosten bei aktuellen Konditionen bis zum Ende der Zinsbindung des bisherigen Darlehns.
Ist die Zinsersparnis höher als die Vorfälligkeitszinsen plus Gebühr, lohnt sich die vorzeitige Kündigung.
4. Widerrufsjoker: Frist ist abgelaufen
Aus dem Schneider war bislang, wer zwischen 2002 und 2010 einen Darlehensvertrag mit fehlerhafter Widerrufsbelehrung unterschrieben hat. Hier war bis Juni 2016 ein Widerruf möglich – mit der angenehmen Begleiterscheinung, dass nicht nur die Darlehenskündigung ohne wichtigen Grund möglich war, sondern auch keine Vorfälligkeitszinsen zu zahlen waren. Im Rahmen der seit März 2016 geltenden Wohnimmobilienkreditrichtlinie wurde das bisher unbefristete Widerrufsrecht jedoch zeitlich begrenzt und kann nicht mehr in Anspruch genommen werden.
immoverkauf24 Tipp
Wer eine Immobilie verkauft und sofort eine neue erwirbt, kann prüfen, ob sich die Übertragung des Darlehens auf die neue Immobilie rechnet. Dies ist generell jedoch nur möglich, wenn die neue eine mindestens ebenso hohe Sicherheit für die Bank wie die bisherige Immobilie darstellt. Alternativ wäre auch eine Übernahme des bisherigen Darlehens durch den neuen Käufer denkbar. In der Praxis scheitert die Übernahme aber entweder daran, dass dieser sich nicht auf den alten Zins und die Laufzeit einlassen möchte oder aber die Bank der Übertragung nicht zustimmt, z.B. aus Gründen der Bonität des Käufers.