Enterben: Das müssen Erblasser und Enterbte wissen!
Enterben – ist das überhaupt erlaubt? Die Antwort: Ja, denn jeder Erblasser kann in seinem Testament oder über einen Erbvertrag frei entscheiden, wen er enterbt. Allerdings setzt das Erbrecht Grenzen, denn die engsten Verwandten haben üblicherweise immer einen Anspruch auf einen Teil des Nachlasses. So können Erblasser zwar im Testament enge Angehörige enterben. Sind sie pflichtteilsberechtigt, haben diese dennoch Anspruch auf den Pflichtteil. Erblasser haben jedoch verschiedene Möglichkeiten, den Pflichtteil der Berechtigten möglichst gering zu halten. Wir haben die wichtigsten Informationen zum Thema Enterben für Erblasser und Erben für Sie zusammengestellt.
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1. Wann darf ich jemanden enterben?
Es steht jedem Erblasser frei, Angehörige im Rahmen einer letztwilligen Verfügung (Testament, Erbvertrag) zu enterben. Dabei ist gemäß § 1938 BGB unerheblich, ob ein Erbe benannt wird oder nicht. Eine Begründung, wie etwa die Enterbung wegen groben Undanks, ist hierfür nicht erforderlich. Es reicht aus, diesen Wunsch in der Verfügung von Todes wegen klar zu benennen. So kann ein verheirateter Familienvater, der seine beiden Kinder enterben will, im Testament für das Enterben auf folgende Muster-Formulierung zurückgreifen: „Alleinerbin soll meine Frau XY werden“ oder „Meine Kinder X und Y sollen nicht erben“. Letzteres wird als Negativtestament bezeichnet. Generell gilt: Das Enterben ist nur zu Lebzeiten des Erblassers möglich.
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Wer einen Angehörigen enterben will, sollte ein notarielles Testament errichten. So wird sichergestellt, dass keine Formfehler vorliegen, die zu einer wirksamen Anfechtung des Testaments führen könnten.
2. Wie kann ich mein Kind enterben?
Eltern können eines oder mehrere ihrer Kinder ohne Angabe von Gründen enterben. Allerdings ist damit üblicherweise nicht sichergestellt, dass diese wirklich nichts vom Nachlass erhalten. Der Grund: Kinder – sowohl eheliche, nicht eheliche als auch adoptierte oder legitimierte - gehören zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten und können somit den Anspruch auf den Pflichtteil geltend machen. Wie hoch dieser ist, hängt von der Familienkonstellation und vom Güterstand der Ehe der Eltern ab. Generell gilt, dass Kinder gemäß § 1924 BGB zu gleichen Teilen erben. Hat ein Witwer beispielsweise zwei Kinder, erbt jedes die Hälfte. Enterbt er eines der beiden, steht ihm der Pflichtteil zu, der ein Viertel des Nachlasses beträgt. Das erbende Kind erhält also drei Viertel des Nachlasses und nicht das gesamte Vermögen, sofern das Geschwisterkind seinen Pflichtteilsanspruch geltend macht.
Es gibt jedoch Fälle, in denen das Enterben ohne Pflichtteil möglich ist – und zwar dann, wenn das Enterben im Testament aufgrund von Gründen erfolgt, die in § 2333 BGB aufgeführt sind. Ist einer der genannten Sachverhalte wie etwa das Verbüßen einer mindestens einjährigen Haftstrafe erfüllt, gilt die betreffende Person als „erbunwürdig“ und verwirkt damit ihren Anspruch auf den Pflichtteil. Eine Enterbung wegen groben Undanks ist übrigens nicht möglich.
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Errichten Ehegatten ein Berliner Testament, zieht dies automatisch das Enterben von Kindern nach sich. Der Grund: Sie setzen sich gegenseitig als Alleinerbe ein. Die Kinder erben erst, nachdem beide Ehegatten gestorben sind.
3. Wie enterbe ich meinen Ehepartner?
Aufgrund der Testierfreiheit können Erblasser auch ihren Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner enterben, indem sie dies im Testament oder Erbvertrag ausdrücklich erwähnen. Eine Begründung ist auch hier nicht erforderlich, es sei denn, der Ehegatte ist gemäß § 2333 BGB erbunwürdig (dann muss der Grund genannt werden). In welcher Höhe der enterbte Ehegatte letztlich doch noch über den Pflichtteil am Nachlass teilhat, hängt vom Güterstand der Ehe ab.
Bestand beispielsweise der Güterstand der Zugewinngemeinschaft, würde ein enterbter Ehegatte mit einem Kind ein Viertel anstelle der Hälfte des Nachlasses erhalten, das Kind würde dann drei Viertel erben.
Achtung!
Ist ein Ehegatte während eines noch laufenden Scheidungsverfahrens gestorben und waren die Voraussetzungen für die Scheidung bereits gegeben, wird der überlebende Ehegatte gemäß § 1933 BGB von der Erbfolge ausgeschlossen und verliert seinen Pflichtteilsanspruch.
4. Wie enterbe ich Geschwister, Eltern, Enkel?
Erblassern steht es auch frei, die Eltern zu enterben, gleiches gilt für Geschwister und Enkel. Inwieweit diese vollkommen vom Nachlass ausgeschlossen werden oder sie doch noch über den Pflichtteil etwas von der Erbmasse erhalten, hängt von der Familienkonstellation ab.
Ein Beispiel aus der Praxis
Ein Erblasser hat einen Sohn, der wiederum eine Tochter hat. Diese Enkelin soll enterbt werden. Solange der Sohn lebt, ist sie nicht pflichtteilsberechtigt und geht bei der Erbschaft leer aus. Stirbt der Sohn, erhält sie einen Pflichtteilsanspruch. Ähnlich verhält es sich mit den Eltern des Erblassers: Will er sie enterben, gehen sie leer aus, falls er Kinder hat. Ist er kinderlos oder sind die Kinder verstorben, haben die Eltern einen Pflichtteilsanspruch.
Da Geschwister generell nicht pflichtteilsberechtigt sind, gehen sie beim Enterben leer aus und können keinen Anspruch auf einen Teil des Nachlasses geltend machen. Gleiches gilt für Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen.
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5. Hat man als Erbe trotz Enterbung Anspruch auf den Pflichtteil?
Gemäß § 2303 BGB haben Pflichtteilsberechtigte Anspruch auf den Pflichtteil. Dieser entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Pflichtteilsberechtigt sind ausschließlich der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner sowie die Kinder des Verstorbenen. Hat er keine Kinder, sind auch die Eltern pflichtteilsberechtigt. Sind Kinder verstorben, werden ihre Nachkommen zu Pflichtteilsberechtigten.
Generell gilt: Sowohl Geschwister als auch Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen sowie noch entferntere Verwandte können keinen Anspruch auf den Pflichtteil geltend machen, da sie nicht pflichtteilsberechtigt sind. Sie rücken auch dann nicht in den Kreis der Pflichtteilsberechtigten auf, wenn alle anderen enger mit dem verstorbenen Verwandten nicht mehr leben.
Ein Beispiel aus der Praxis
Ein kinderloser, unverheirateter Erblasser hat seine Schwester enterbt und seinem Bruder als Alleinerbe benannt. Seine Eltern sind bereits verstorben. Die Schwester kann dann keinen Pflichtteilsanspruch geltend machen, auch wenn alle engeren Verwandten tot sind.
6. Kann ich jemanden enterben und den Pflichtteil verringern?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Pflichtteil von Anspruchsberechtigten zu reduzieren. Die Optionen im Überblick:
Schenkung zu Lebzeiten
Erfolgte eine Schenkung mindestens zehn Jahre vor dem Tod des Erblassers, reduziert sich damit der Pflichtteil. Liegen zwischen Schenkung und Erbfall weniger als zehn Jahre, kann der Pflichtteilsberechtigte gemäß § 2325 BGB einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen. Die Höhe richtet sich nach dem Zeitpunkt der Schenkung: Erfolgte sie im ersten Jahr vor dem Erbfall, ist die Schenkung in voller Höhe zu berücksichtigen, erfolgte sie im zehnten Jahr davor, sind nur noch zehn Prozent anzusetzen. Daraus folgt: Wer auf diesem Wege den Pflichtteil klein halten will, muss frühzeitig über eine Schenkung nachdenken.
Geldgeschenke zu besonderen Anlässen
Geldgeschenke zu besonderen Anlässen (Hochzeit, Abitur, Examen etc.) können ebenfalls dazu beitragen, den Nachlass zu reduzieren. Sie gelten – sofern sie in angemessener Relation zu den Lebensverhältnissen stehen – nicht als Schenkung an Kinder und lösen somit auch keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch aus.
Sollte eine Immobilie zum Nachlass gehören, ist es nicht selten sinnvoller, diese zu Lebzeiten zu verkaufen und den Verkaufserlös anschließend, im Rahmen einer Schenkung auf Angehörige und Nahestehende, in mehreren Schritten zu übertragen. Dadurch können unnötig hohe Steuerzahlungen und Kosten sowie zukünftige Streitigkeiten verhindert werden. Automatisch lässt sich dadurch auch der spätere Pflichtteil reduzieren. Sollte ein Verkauf für Sie infrage kommen, können Sie vorab gerne Ihre Immobilie von uns bewerten lassen - kostenlos & unverbindlich!
Bei Partnern mit Kindern: Adoption
Auch über eine Adoption lässt sich der Pflichtteil verringern. Hat der ledige Erblasser beispielsweise ein Kind und lebt mit einer Partnerin mit Kind zusammen, kann er ihr Kind adoptieren. Damit verringert sich der Pflichtteilsanspruch seines leiblichen Kindes.
Bei Immobilienbesitz: Verkauf gegen Leibrente
Diese Form der Immobilienübertragung gilt nicht als Schenkung, sondern als Verkauf. Somit wird kein Pflichtteilsergänzungsanspruch ausgelöst. Wir beraten Sie gerne zum Thema Leibrente und berechnen Ihre individuelle Leibrente, sollte ein Hausverkauf auf Rentenbasis eine Option für Sie darstellen - kostenlos & unverbindlich!
Bei Eheleuten: Güterstand anpassen
Ehegatten können über den Güterstand die Pflichtteilsquoten beeinflussen. Besteht beispielsweise der Güterstand der Gütertrennung und will ein Ehepaar den Pflichtteilsanspruch seiner zwei Kinder reduzieren, wäre die Zugewinngemeinschaft vorteilhafter. Der Grund: In diesem Fall stünde jedem Kind ein Pflichtteil in Höhe eines Achtels des Nachlasses zu, bei Gütertrennung wäre es jeweils ein Sechstel.
7. Enterbt! Was nun?
Wer enterbt wurde, muss von sich aus aktiv werden, um etwaige Ansprüche geltend zu machen. Das gilt auch für Pflichtteilsberechtigte, die ihren Pflichtteil vom Erben einfordern wollen. Die Frist hierfür beträgt gemäß § 199 Absatz 1 BGB drei Jahre.
Mitunter kommt das Testament anfechten auch infrage. Diese könnte erfolgreich durchgesetzt werden, wenn
- ein Inhalts- oder Motivirrtum vorliegt
- der Erblasser beim Verfassen des Testaments nicht testierfähig war
- das Testament Formfehler aufweist (beispielsweise, wenn ein privates Testament nicht vollständig handschriftlich verfasst wurde).
- der Erblasser bei der Erstellung des Testaments bedroht wurde
- arglistige Täuschung vorliegt, ohne die der Erblasser die betreffende Person nicht enterbt hätte.
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