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Erbenhaftung: Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung im Erbfall

Wer erbt, haftet. So einfach lässt sich das Thema Erbenhaftung zunächst einmal zusammenfassen. Es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten für Erben, ihre Haftung auf den Nachlass zu begrenzen und ihr Privatvermögen vor dem Zugriff durch Nachlassgläubiger zu schützen. Am weitesten geht die Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen, doch es gibt auch weitere Optionen. Im Allgemeinen müssen Erben von sich aus aktiv werden. Wir informieren, worauf Erben beim Thema Erbenhaftung achten sollten und wie sich die Haftung beschränken lässt. Sie haben eine Immobilie geerbt und möchten detaillierte Informationen? Bei uns erhalten Sie einen kostenlosen Ratgeber "Praxistipps zu Immobilie erben" mit allen relevanten Themen rund um das Thema. 

1. Was ist die rechtliche Grundlage für die Erbenhaftung?

Gemäß § 1967 BGB haften Erben für alle Nachlassverbindlichkeiten eines Verstorbenen. Sie erben also nicht nur den Nachlass in Form von Vermögenswerten, sondern auch die Schulden von dem Erblasser – und zwar mit ihrem gesamten Vermögen. Die Folge: Ist der Nachlass beispielsweise überschuldet und reicht das geerbte Vermögen somit nicht aus, die Schulden des Verstorbenen zu tilgen, müssen Erben auch auf ihr eigenes Vermögen zurückgreifen. Das Erbrecht sieht allerdings verschiedene Möglichkeiten vor, die Erbenhaftung zu beschränken. Diese kommen beispielsweise in Betracht, wenn die Frist für die Ausschlagung es Erbes verstrichen ist. Generell gilt dabei, dass Erben von sich aus tätig werden müssen, wenn sie die Haftung begrenzen wollen.

Neben dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) beinhaltet auch das Sozialgesetzbuch (SGB) das Thema Erbenhaftung – allerdings auf den Nachlasswert begrenzt. So regelt beispielsweise § 35 SGB II, dass Erben Leistungen wie Arbeitslosengeld II, die der Erblasser bezogen hat, einschließlich der Beiträge für Pflege-, Renten- und Krankenversicherung zurückerstatten müssen. Dies gilt immer dann, wenn der Erblasser diese Leistungen innerhalb der letzten zehn Jahre vor seinem Tod bezogen hat und diese Summe den Freibetrag 1.700 Euro übersteigt. Diese Verpflichtung entfällt jedoch, wenn der Nachlass den Wert von 15.500 Euro unterschreitet und der Verstorbene der Partner des Erben oder mit diesem verwandt war, mit ihm zusammengelebt oder ihn dauerhaft gepflegt hat.

2. Gibt es eine Verjährungsfrist für die Erbenhaftung?

Für die Erbenhaftung laut BGB und SGB II gilt eine Verjährungsfrist bezüglich der Erbschaft von drei Jahren. Danach können Gläubiger keine Ansprüche gegenüber den Erben mehr geltend machen.

Achtung!

Eine Verjährungsfrist von 30 Jahren gilt gemäß § 197 BGB bei Schmerzensgeldansprüchen gegenüber dem Erblasser, Ansprüchen aus Insolvenzverfahren sowie titulierten Ansprüchen.

3. Was sind haftungsbeschränkte Einreden?

Neben den im § 1975 BGB genannten Möglichkeiten, die Erbenhaftung mittels Bestellung eines Nachlassverwalters oder Beantragen eines Nachlassinsolvenzverfahrens auf den Nachlass zu beschränken, gibt es weitere Optionen, die sich auf einzelne Nachlassgläubiger auswirken:

Überschwerungseinrede / Überschuldungseinrede

Gemäß § 1992 BGB kann sie gegenüber Vermächtnisnehmern oder Auflagenbegünstigten geltend gemacht werden, wenn der Nachlass hierdurch überschuldet würde.

Verschweigungseinrede

Gegenüber Nachlassgläubigern, die erst fünf Jahre nach dem Erbfall Ansprüche geltend machen, ist gemäß § 1974 BGB die Verschweigungseinrede möglich.

Aufgebotsverfahren / Aufgebotseinrede

Die Aufgebotseinrede gemäß § 1973 BGB ist nach dem Abschluss des Aufgebotsverfahren gemäß § 1970 BGB möglich. Dies kann innerhalb eines Jahres ab Annahme der Erbschaft von Erben, Testamentsvollstreckern, Nachlasspflegern oder Nachlassverwaltern beantragt werden und bewirkt, dass Nachlassgläubiger innerhalb der Aufgebotsfrist von mindestens sechs Wochen ihre Forderungen anmelden müssen. Versäumen sie dies, werden ihre Forderungen nach denen der Gläubiger beglichen, die sich rechtzeitig gemeldet haben. Zudem wird eine Haftungsbegrenzung gegenüber den ausgeschlossenen Gläubigern auf den noch vorhandenen Nachlass erreicht.

Eine zumindest vorübergehende beschränkte Erbenhaftung wird mit der Dreimonatseinrede erreicht. Gemäß § 2014 BGB können Erben auf diesem Wege einen Zahlungsaufschub von drei Monaten bewirken. Dies verschafft ihnen die Möglichkeit, bis dahin abzuwägen, ob sie weitere Schritte zur Haftungsbegrenzung einleiten wollen.

Achtung!

Fordern Nachlassgläubiger, dass Sie das Nachlassverzeichnis abgeben und lassen Sie diese Frist verstreichen, haften Sie dennoch uneingeschränkt mit Ihrem Privatvermögen. Der Grund: Damit haben Sie ihr Recht auf Haftungsbeschränkung verwirkt.

4. Haftet der Erbe für Steuerschulden des Erblassers?

Erben haften für alle Schulden des Verstorbenen, seien es Erblasserschulden, Erbfallschulden wie etwa Pflichtteilsansprüche oder Nachlasserbschulden. Steuerschulden des Erblassers zählen wie zum Beispiel Mietzahlungen, Mitgliedsbeiträge oder Kredite zu den Erblasserschulden. Daher müssen Erben für die Steuerschulden des Verstorbenen einstehen. Handelt es sich um eine Erbengemeinschaft, haften alle Miterben gesamtschuldnerisch für die Steuerschulden.

Als Mitglied einer Erbengemeinschaft haben Erben jedoch auch die Möglichkeit, ihren Erbteil zu verkaufen. Nach Verkauf gehen alle Pflichten und Rechte am Erbanteil an den Käufer über. Unsere Experten beraten Sie gerne zu diesem Thema!

Zudem sind Erben gemäß § 153 Absatz 1 Satz 2 Abgabenordnung (AO) dazu verpflichtet, die Steuererklärung des Verstorbenen zu korrigieren, falls sich herausstellt, dass die Steuer zu niedrig angesetzt wurde. Andernfalls begehen sie Steuerhinterziehung.

immoverkauf24 Info

Anders als bei Erblasserschulden und Erbfallschulden kann die Erbenhaftung bei Nachlasserschulden nicht begrenzt werden. Dies liegt daran, dass sie zugleich Nachlassverbindlichkeiten darstellen und auch im eigenen Namen abgeschlossen werden.

5. Wie kann man sich als Erbe vor der Haftung mit dem eigenen Vermögen schützen?

Das Erbrecht sieht mehrere Möglichkeiten für die Begrenzung der Erbenhaftung vor. Komplett aus der Haftung gelangen Erben, indem sie das Erbe ausschlagen, allerdings gehen sie dann auch insgesamt leer aus. Folgende Optionen bewirken gemäß § 1975 BGB eine Beschränkung der Erbenhaftung gegenüber allen Nachlassgläubigern auf den Nachlass:

Nachlassverwalter

Wird ein Nachlassverwalter eingesetzt, sorgt dieser dafür, dass zunächst die Nachlassverbindlichkeiten beglichen werden. Dieser Schritt ist dann angeraten, wenn der Nachlass unübersichtlich ist und Erben die Haftung beschränken wollen, aber das Erbe nicht ausschlagen möchten. So besteht die Chance, dass sie gegebenenfalls nach Abzug der Schulden einen Teil des Nachlasses erhalten.

Nachlassinsolvenz

Stellt sich heraus, dass der Nachlass überschuldet ist, müssen Erben die Nachlassinsolvenz beantragen. Sie können jedoch auch schon von sich aus diesen Schritt gehen, sobald sich abzeichnet, dass eine Überschuldung vorliegen könnte.

immoverkauf24 Info

Können Sie nachweisen, dass der Nachlass zu gering ist, um die Kosten für die Nachlassinsolvenz oder einen Nachlassverwalter zu decken, greift die Dürftigkeitseinrede gemäß § 1990 BGB. Sie bewirkt, dass Ihre Haftung ebenfalls auf den Nachlass begrenzt wird.

6. Nachlassinsolvenz als Möglichkeit zur Beschränkung der Haftung?

Gemäß § 1980 BGB sind Erben dazu verpflichtet, beim Insolvenzgericht, das für den letzten Wohnort des Verstorbenen zuständig ist, einen Antrag auf Nachlassinsolvenz zu stellen, sobald sich herausstellt, dass der Nachlass überschuldet ist. Unterlassen sie dies, machen sie sich gegenüber den Nachlassgläubigern schadensersatzpflichtig.

Erben haben aber auch die Möglichkeit, bereits dann den Antrag zu stellen, wenn sich die Überschuldung noch nicht klar abzeichnet. Zudem sind auch Nachlassverwalter, Nachlassgläubiger, Testamentsvollstrecker und Nachlasspfleger berechtigt, ein Nachlassinsolvenzverfahren zu beantragen.

7. Wie haften Miterben?

Die Haftung der Erbengemeinschaft ist in den §§ 2058 bis 2063 BGB geregelt. Gemäß § 2058 BGB haften sie gesamtschuldnerisch. Dies bedeutet, dass Nachlassgläubiger sich an einen beliebigen Miterben wenden können, der ihre Forderungen begleichen muss.

Allerdings haben die Mitglieder der Erbengemeinschaft bis zur Erbauseinandersetzung gemäß § 2059 BGB die Möglichkeit, das Begleichen der Nachlassschulden aus seinem Privatvermögen zu verweigern. Gemäß § 426 BGB verjähren Ausgleichsansprüche unter Miterben nach drei Jahren.

immoverkauf24 Tipp

Die Erbauseinandersetzung sollte immer erst erfolgen, wenn alle Nachlassverbindlichkeiten beglichen sind. Ansonsten haften alle Miterben unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen. Um dies auszuschließen, kann es sinnvoll sein, vor der Aufteilung des Vermögens ein Aufgebotsverfahren durchzuführen.

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