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Vorerbe & Nacherbe: Rechte & Pflichten der Erben

Die Besonderheit der Vor- und Nacherbschaft besteht darin, dass der Erblasser mit dem Vorerben einen Erben „auf Zeit“ benennt, der so lange über seinen Nachlass verfügen kann, bis der Nacherbe zum Zug kommt. Welche Folgen hat dies hinsichtlich gesetzlicher Erbfolge, des Pflichtteils und der Erbschaftssteuer? Wir geben Ihnen die Antworten. Sie besitzen eine Immobilie und streben eine vorausschauende Nachlassregelung an? In unserem kostenlosen Ratgeber „Immobilie vererben“ erfahren Sie, worauf Sie als Erblasser achten sollten.

1. Wer ist Vorerbe und wer Nacherbe?

Erblasser können in ihrer Verfügung von Todes wegen – also im Testament oder Erbvertrag – sowohl Vorerben als auch gemäß § 2100 BGB Nacherben bestimmen. Die Besonderheit: Der Vorerbe erbt sozusagen auf Zeit und muss das Erbe als sogenanntes Sondervermögen verwalten.

Dies bedeutet: Er kann je nach Ausgestaltung der Verfügung nicht völlig frei über den Nachlass verfügen und muss dem Nacherben auf Wunsch Auskunft erteilen und ein Nachlassverzeichnis anfertigen. Zudem muss er den Nachlass verwalten und für die laufenden Kosten aufkommen. Gehört eine Immobilie zum Nachlass, darf er diese üblicherweise nicht vermieten und muss für die laufende Instandhaltung sorgen.

Wann der Nacherbe den Nachlass erhält, kann individuell geregelt werden. Üblicherweise geht der Nachlass nach dem der Tod des Vorerben auf sie über, denkbar ist es aber auch, dass der Nacherbe bei Volljährigkeit oder wenn der verwitwete Elternteil wieder heiratet, den Nachlass erhält.

2. Vorerbe einsetzen – wann ist es sinnvoll und wie ist der Ablauf?

Neben dem Behinderten- und dem Bedürftigentestament kommen Regelungen zur Vor- und Nacherbschaft im Berliner Testament zur Anwendung. Es wird vielfach von Ehegatten mit Kindern und Wohneigentum gewählt und zielt in der Regel darauf ab, dass der überlebende Ehegatte weiterhin in der selbst genutzten Immobilie wohnen kann und die Kinder erst erben, wenn beide Elternteile verstorben sind. Dies kann im Rahmen einer Vor- und Nacherbschaft geregelt werden, aber auch über den gegenseitigen Einsatz der Ehegatten als Alleinerben und den Einsatz der Kinder als Schlusserben.

Sollen Vor- und Nacherben eingesetzt werden, sind diese im Testament zu benennen. Um Auslegungsproblemen vorzubeugen, empfiehlt es sich, klar zu benennen, ob es sich um eine befreite oder beschränkte Vorerbschaft handeln soll. Zudem sollte erwähnt werden, wann der Nacherbe zum Zug kommen soll. Ohne Regelungen hierzu ist dies mit dem Tod des Vorerben der Fall.

Achtung!

Gemäß § 2109 BGB kann die Nacherbschaft nur innerhalb von 30 Jahren nach Beginn der Vorerbschaft angetreten werden. Wird dieser Zeitraum überschritten, wird der Vorerbe zum Alleinerben.

Es empfiehlt sich zudem auch, einen Ersatzerben zu benennen für den Fall, dass der Nacherbe vor dem Vorerben stirbt. Auch das Benennen eines Testamentsvollstreckers kann eine sinnvolle Option sein, wenn auch Immobilien zum Nachlass gehören.

Wie Vor- und Nacherben bestimmt werden können, zeigt folgendes Beispiel:

„Hiermit verfüge ich, __________dass mit meinem Tod mein Sohn ________ als befreiter Vorerbe meines Nachlasses eingesetzt wird. Als Nacherbin bestimme ich meine Tochter ________."

Wer zum Vorerben ernannt wurde, erhält im Erbfall zwar den Nachlass, kann aber mitunter nicht unbegrenzt darüber verfügen. Dies hängt davon ab, wie der Erblasser die Vorerbschaft verfügt hat. In jedem Fall ist er jedoch verpflichtet, den Nacherben auf Wunsch Auskunft über den Nachlass zu erteilen und gemäß § 2121 BGB ein Nachlassverzeichnis zu erstellen. Zudem muss er den Nachlass separat von seinem sonstigen Vermögen als sogenanntes Sondervermögen verwalten.

Befreiter Vorerbe

Inwieweit der Vorerbe frei über den Nachlass verfügen und beispielsweise eine Immobilie veräußern darf oder nicht, hängt vom Testament ab. So kann der Erblasser verfügen, dass der Vorerbe als „befreiter Vorerbe“ handeln darf. Erwähnt er dies nicht ausdrücklich und geht stattdessen aus seinen Anmerkungen hervor, dass der Vorerbe beispielsweise gemäß § 2136 BGB den Nachlass verkaufen darf, gilt der Vorerbe ebenfalls als befreiter Vorerbe und kann etwa über einen Hausverkauf selbst entscheiden.

Beschränkter Vorerbe

Als beschränkter Vorerbe gilt der Hinterbliebene entweder, wenn dies ausdrücklich im Testament verfügt wurde oder wenn der Erblasser erwähnt, dass der Vorerbe den Nachlass für die Nacherben erhalten soll. Beschränkte Vorerben können gemäß § 2113 BGB nur mit Zustimmung des Nacherben die geerbte Immobilie verkaufen, auch Schenkungen bedürfen der Zustimmung.

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Ein Beispiel verdeutlicht die Besonderheiten der Vor- und Nacherbschaft:

Angenommen, ein Ehepaar mit einer Tochter hat ein Berliner Testament errichtet und wohnt in einer Eigentumswohnung. Die Ehegatten haben sich gegenseitig als beschränkte Vorerben eingesetzt. Stirbt der Ehemann, darf die Ehefrau weiterhin in der Wohnung wohnen. Sie könnte diese auch vermieten und die Mieteinnahmen für sich verwenden. Verkaufen dürfte sie die Wohnung hingegen nur mit Zustimmung der Tochter. Auch die Aufnahme eines Immobiliendarlehens bedarf der Zustimmung durch die Nacherbin. Hätten die Ehegatten sich als befreite Vorerben eingesetzt, könnte die Ehefrau hingegen völlig frei über die Eigentumswohnung verfügen.

4. Vorerbschaft – Auswirkungen auf Erbrecht, Pflichtteil und die Erbschaftssteuer

Hinsichtlich der Erbschaftssteuer kann die Vorerbschaft nachteilig sein. Der Grund: Bei einem größeren Vermögen kann es dazu kommen, dass für den Nachlass unterm Strich zweimal Steuern zu zahlen sind. Dies liegt daran, dass es sich bei der Vor- und Nacherbschaft erbschaftssteuerrechtlich um zwei Erbfälle handelt. Zu einer doppelten Besteuerung kommt es allerdings nur, wenn das Vermögen des Erblassers so groß ist, dass der Vorerbe den Freibetrag überschreitet und auch der Nacherbe seinen Freibetrag ausschöpft.

Die gesetzliche Erbfolge kommt mit dem Einsatz von Vor- und Nacherben nicht mehr zum Tragen. Der Vorerbe kann seine eigene Nachlassregelung im Rahmen eines Testaments oder Erbvertrags zwar frei gestalten, allerdings muss das Nachlass-Sondervermögen dabei außen vor bleiben, da dies bereits dem Nacherben zugedacht ist.

Auch Vorerben können ihren Pflichtteil einfordern - sofern sie das Erbe ausschlagen und sie pflichtteilsberechtigt sind. In diesem Fall geht das Erbe nicht an den Vorerben, sondern direkt an den Nacherben über - geschmälert um den Pflichtteil. Weitere rechtliche Rahmenbedingungen finden Sie auf unserer Seite Erbrecht.

5. Vorerbe – ist die Eintragung ins Grundbuch notwendig?

Um den Nacherben abzusichern, empfiehlt es sich, im Grundbuch einen Nacherbenvermerk einzutragen. Kaufinteressenten nehmen dann automatisch Abstand vom Erwerb der jeweiligen Immobilie, sodass diese dem Nacherben zugutekommt.

6. Kann man als Vorerbe das Erbe ausschlagen?

Vorerben können das Erbe ausschlagen und stattdessen den Anspruch auf ihren Pflichtteil geltend machen, sofern sie gemäß § 2303 BGB pflichtteilsberechtigt sind. Dies trifft auf die Nachkommen und den Ehegatten beziehungsweise eingetragenen Lebenspartner des Erblassers zu. War dieser kinderlos, gehören auch die Eltern zu den Pflichtteilsberechtigten, hatte der Erblasser Enkelkinder, deren Eltern bereits verstorben sind, sind auch sie pflichtteilsberechtigt.

Inwieweit die Ausschlagung des Erbes sinnvoll ist, lässt sich pauschal nicht beurteilen und muss im Einzelfall geprüft werden. Ein Vorteil besteht zumindest darin, dass der Vorerbe damit von allen Pflichten bezüglich des Nachlass-Sondervermögens befreit wird. Die Rechte daran gibt er allerdings ebenfalls auf.

7. Was geschieht, wenn der Nacherbe vor dem Vorerben stirbt?

Hat der Erblasser keinen Ersatzerben benannt, geht der Nachlass gemäß § 2108 Absatz 2 BGB an die Erben des Nacherben über. Wurde ein Ersatzerbe benannt, wird dieser Nacherbe.

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