Nießbrauch & Nießbrauchrecht bei Immobilien
In den häufigsten Fällen wird das Nießbrauchrecht eingesetzt, wenn eine Immobilie verschenkt wird, aber der neue Eigentümer nicht in vollem Umfang über die Erträge der Immobilie verfügen bzw. über den Umgang mit ihr bestimmen soll. Der vorherige Eigentümer lässt sich ein Nießbrauchrecht eintragen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Nießbrauch ist das Nutzungsrecht von Eigentum.
- Das Nießbrauchrecht wird häufig bei der Überlassung von Immobilien im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge eingesetzt.
- Ein Nießbrauchrecht an Immobilien muss notariell beurkundet und ins Grundbuch eingetragen werden.
- Ein Immobilienverkauf kann nur über den Eigentümer erfolgen, nicht über den Nießbrauchberechtigten.
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- Definition: Was ist ein Nießbrauch?
- Welche Arten von Nießbrauch gibt es?
- Warum lassen Eigentümer sich ein Nießbrauchrecht für eine Immobilie eintragen?
- Wie wird ein Nießbrauchrecht eingetragen, wo steht es im Grundbuch?
- Wie wird der Wert eines Nießbrauchs berechnet?
- Wie kann man ein Nießbrauchrecht löschen oder ablösen?
- Kann man ein Nießbrauchrecht verkaufen?
- Ist ein Nießbrauchrecht übertragbar?
- Welche Alternativen zur Eintragung eines Nießbrauchrechts gibt es?
- Welche Pflichten entstehen durch ein Nießbrauchrecht an einer Immobilie?
- Auszug aus dem Gesetzestext im BGB zum Nießbrauchrecht
- Wie wird ein Nießbrauchrecht steuerlich bewertet?
- Was passiert mit dem Nießbrauchrecht, wenn der Eigentümer stirbt?
- Im Detail: Nießbrauchrecht bei Immobilienkauf
- Im Detail: Nießbrauchrecht bei Erbschaft einer Immobilie
1. Definition: Was ist ein Nießbrauch?
Die Definition für Nießbrauch liefert das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB): Unter Nießbrauch ist das Nutzungsrecht an einer Sache zu verstehen (§ 1030 BGB). Der Nießbraucher kann somit die Sache nutzen und den Ertrag daraus ziehen - beispielsweise durch Vermietung bei Immobilien. Er profitiert also in zweierlei Hinsicht und kann damit zwei von drei Rechten eines Eigentümers wahrnehmen. Verzichten tut er lediglich auf das dritte Recht, nämlich über die Sache zu verfügen. Er kann die Immobilie nicht verkaufen. Dieses Recht hat nur der im Grundbuch eingetragene Eigentümer.
Ein Nießbrauch kann nicht nur für Haus, Wohnung und Grundstück gelten, sondern es kann auch für Vermögen, Wertpapiere, Rechte und Fahrzeuge vereinbart werden. Am häufigsten kommt der Nießbrauch bei Immobilien zur Anwendung, und zwar in Form eines lebenslangen Rechts, eine Immobilie zu bewohnen und Nutzen daraus zu ziehen. Das Recht des Nießbrauchs muss übrigens nicht für die gesamte Immobilie festgelegt werden. Es kann sich auch auf einen Teil der Immobilie beschränken – etwa eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Dann ist von einem Bruchteilsnießbrauch die Rede. Möglich ist auch ein Quotennießbrauch, der eine anteilige Nutzung vorsieht.
Um den Wert des Nießbrauchsrechts korrekt einzuschätzen, ist eine gute Marktkenntnis erforderlich. Daher sollte mit der Einschätzung ein Experte beauftragt werden.
Was unterscheidet das Nießbrauch vom Wohnrecht?
Das Nießbrauchrecht weist einige Parallelen zum Wohnrecht auf. Beide werden im Grundbuch eingetragen und führen zu einer Belastung des Grundstücks. Beide Rechte können nicht vererbt werden und bestehen auch bei einem Wechsel des Eigentümers der Immobilie fort.
Es gibt aber einen deutlichen Unterschied: Bei einem Nießbrauchrecht kann die Immobilie auch vermietet werden, sofern die Vermietung nicht vertraglich ausgeschlossen wurde. Das kann vorteilhaft sein, wenn beispielsweise der Wohnrechtsinhaber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr bewohnen kann und in ein Pflegeheim umzieht. Die Kosten hierfür können dann (teilweise) über die Mieteinnahmen abgedeckt werden.
2. Welche Arten von Nießbrauch gibt es?
Es gibt drei Nießbrauch-Modelle, die unterschiedliche erbrechtliche und steuerliche Konsequenzen mit sich bringen:
- Zuwendungsnießbrauch: Beim Zuwendungsnießbrauch wechselt die Immobilie nicht den Eigentümer, dieser räumt jedoch ein Nießbrauchrecht ein.
- Vorbehaltsnießbrauch: Beim Vorbehaltsnießbrauch wechselt die Immobilie den Eigentümer, gleichzeitig wird dem bisherigen Eigentümer ein Nießbrauchrecht eingeräumt.
- Nachrangiger Nießbrauch: Dem bisherigen Eigentümer wird ein Nießbrauchrecht eingeräumt. Es wird bereits bei der Übergabe festgelegt, auf wen das Nießbrauchrecht übergeht, wenn der Nießbraucher stirbt.
Für Immobilieneigentümer und Kaufinteressenten kann das Thema relevant sein – etwa, wenn es um das Vererben eines Hauses geht oder wenn Interesse an einer Immobilie besteht, für die ein Nießbrauchrecht im Grundbuch eingetragen wurde.
3. Warum lassen Eigentümer sich ein Nießbrauchrecht für eine Immobilie eintragen?
Nießbrauchrechte werden häufig aus steuerlichen Überlegungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge im Grundbuch eingetragen. Die Idee dahinter: die Eigentümer können ihre Immobilie weiterhin bewohnen oder diese vermieten, gleichzeitig kann bereits ein Eigentümerwechsel in Form einer Schenkung erfolgen. Je nach Vermögenssituation kann dies vorteilhaft sein, um Erbschafts- oder Schenkungssteuern zu vermeiden.
Manchmal wird auch gewünscht, unliebsamen Erben möglichst wenig zu hinterlassen und ihren sogenannten Pflichtteilsanspruch gering zu halten. Mit einer Schenkung der Immobilie an einen Dritten ist dies möglich, wobei der Pflichtteil umso geringer ausfällt, je länger die Schenkung zurückliegt und der Anspruch nach zehn Jahren erlischt. Anders ist es jedoch, wenn die Immobilie verschenkt wird und sich der Eigentümer ein Nießbrauchrecht einräumen lässt. Dann bleibt der Pflichtteilsergänzungsanspruch bestehen.
Ein weiteres Motiv für die Bestellung eines Nießbrauchrechts kann auch darin bestehen, dass Immobilieneigentümer ihren Kindern ein solches Recht einräumen, um sie über die so generierten Mieteinnahmen zu unterstützen – beispielsweise, um ihnen ein Studium zu finanzieren. Da die Einnahmen während der Ausbildung gering sind, lassen sich so die Einnahmen vorteilhafter versteuern als über die Eltern.
immoverkauf24 Tipp
Ob ein Nießbrauchrecht aus steuerlichen Gründen sinnvoll ist oder nicht, sollte ausführlich mit einem Steuerberater besprochen werden. Die Ausgestaltung der Vereinbarung sollte ebenfalls mit einem Experten (Notar, Rechtsanwalt) erfolgen.
Oft ist es von den ursprünglichen Immobilieneigentümern gewünscht, dass das Objekt im Familienbesitz bleiben soll. Damit dies gewährleistet ist, ist es sinnvoll, ein Rückforderungsrecht zu vereinbaren. Dies bewirkt, dass das Objekt beispielsweise bei Insolvenz des neuen Eigentümers auf den bisherigen Eigentümer zurück übertragen wird. Auch wenn der neue Eigentümer vor dem bisherigen stirbt, kann über das Rückforderungsrecht vermieden werden, dass die Immobilie an Dritte verkauft wird. Wann eine Rückübertragung möglich sein soll, wird in der Übertragungsvereinbarung festgehalten, das Rückforderungsrecht an sich wird im Grundbuch eingetragen.
4. Wie wird ein Nießbrauchrecht eingetragen, wo steht es im Grundbuch?
Ein Nießbrauchrecht an einer Immobilie muss gemäß § 873 BGB notariell beurkundet und ins Grundbuch eingetragen werden. Dem geht der Vertragsabschluss zum Nießbrauch zwischen Eigentümer und Begünstigtem voraus. Der Notar veranlasst dann die weiteren Schritte für den Eintrag im Grundbuch.
Der Eintrag erfolgt in Abteilung II des Grundbuchs. Dort werden Beschränkungen und Belastungen wie etwa ein Wegerechte, Erbbaurecht, Wohnrecht oder das Nießbrauchrecht vermerkt.
Achtung!
Die Übertragung eines Nießbrauchrechts unterliegt der Grunderwerbsteuer, sofern sie nicht von und an Ehegatten oder von Eltern an Kinder erfolgt. Anders als bei einer Schenkung verringert sich die Bemessungsgrundlage nicht um den Wert des Wohnrechts.
5. Wie wird der Wert eines Nießbrauchs berechnet?
Der Wert eines Nießbrauchrechts hängt zum einen von den möglichen Mieteinnahmen der betreffenden Immobilie ab, zum anderen spielen auch Geschlecht und Alter des Nießbrauchers eine Rolle. Der Grund: Von der voraussichtlichen Lebenserwartung des Berechtigten hängt ab, wie viele Jahre die Immobilie voraussichtlich mit dem Nießbrauchrecht belastet ist, bevor es erlischt. Dies wiederum hat erhebliche Auswirkungen auf den Wert der Immobilie im Ganzen, da dieser sich bei Eintrag eines Nießbrauchrechts um den Gegenwert des Nießbrauchs verringert. Dies kann wichtig sein, um beispielsweise die Höhe der Schenkungssteuer zu ermitteln
Aber auch beim Immobilienverkauf ist es wichtig, den Wert des Nießbrauchs zu berechnen, denn dieser hat Einfluss auf die Immobilienbewertung. Nur so lässt sich einschätzen, ob der Verkaufspreis angemessen ist. Ein weiterer Grund für die Wertermittlung: Soll der Nießbraucher ausgezahlt und das Nießbrauchrecht gelöscht werden, kann hierfür eine Ablösesumme vereinbart werden. Für die Festlegung ist es hilfreich, den Wert des Nießbrauchs zu kennen.
Jahreswert ermitteln
Zunächst wird der jährliche Ertrag nach Abzug von Werbungskosten durch Vermietung beziehungsweise die Mietersparnis bei Selbstnutzung berechnet:
- Bei Selbstnutzung: Miete für eine vergleichbare Immobilie * 12 = Jahreswert
- Bei Vermietung: Jahresmiete = Jahreswert.
Allerdings ist folgende Deckelung gemäß § 16 Bewertungsgesetz (BewG) zu beachten: Der Jahreswert darf nicht höher sein als der Verkehrswert, dividiert durch 18,6.
Vervielfältiger ermitteln
Im zweiten Schritt ist zunächst zu unterscheiden, ob der Nießbrauch lebenslang gewährt wird oder nicht.
- lebenslang: Dann wird der Vervielfältiger bzw. Kaufpreisfaktor laut Anlage zu § 14 Absatz 1 Satz 4 BewG verwendet
- zeitlich begrenzt: Es wird die Dauer des Nutzungsrechts berücksichtigt und dann der Faktor gemäß Anlage 9 zu § 13 BewG ermittelt. Bei 30 Jahren Laufzeit beträgt dieser laut Tabelle 14,933.
Kapitalwert ermitteln
Im dritten Schritt wird der Kapitalwert ermittelt:
- Jahreswert * Vervielfältiger = Kapitalwert des Nießbrauchs
Hinweis: Um den Wert des Nießbrauchsrechts korrekt einzuschätzen, ist eine gute Marktkenntnis erforderlich. Daher sollte mit der Einschätzung ein Experte beauftragt werden. Lassen Sie sich für Ihren Immobilienverkauf von immoverkauf24 einen professionellen Makler vor Ort empfehlen, der den Wert Ihrer Immobilie mit Nießbrauchrecht zuverlässig ermittelt!
Beispiel: Eltern möchten ihrem 50-jährigen Sohn ein lebenslanges Nießbrauchrecht einräumen.
Jahreswert: Angenommen, die Mietersparnis pro Monat beträgt 1.500 Euro, dann beläuft sich der Jahreswert bei Selbstnutzung auf 18.000 Euro. Wird die Immobilie für ebenfalls 1.500 Euro monatlich vermietet und beträgt der Verkehrswert beispielsweise 500.000 Euro, beträgt der Jahreswert auch hier 18.000 Euro. Würde der Verkehrswert hingegen bei nur 300.000 Euro liegen, wäre der Jahreswert aufgrund der Deckelung auf 16.129 Euro begrenzt.
Vervielfältiger: Bei einem Jahreswert von 18.000 Euro beträgt der Vervielfältiger laut Tabelle 14,927.
Kapitalwert: Mit dem lebenslangen Nießbrauch durch einen 50-Jährigen und 18.000 Euro Jahreswert ergibt sich ein Kapitalwert von 18.000 * 14,927 = 268.686 Euro.
Bei zeitlich begrenztem Nießbrauch über 30 Jahre beträgt der Kapitalwert hingegen 18.000 * 14,933 = 268.794 Euro.
Hinweis: Dass die Vervielfältiger sich im Beispielfall stark ähneln, liegt daran, dass die restliche Lebenserwartung eines heute 50-Jährigen in etwa 30 Jahren entspricht.
6. Wie kann man ein Nießbrauchrecht löschen oder ablösen?
Das Nießbrauchrecht kann zeitlich begrenzt werden. Dann erlischt es nach Ablauf der vereinbarten Zeitspanne automatisch. Das Nießbrauchrecht kann aber auch gelöscht werden. Dann muss eine Löschungsbewilligung vom Notar beglaubigt werden. Hierfür reicht es bereits aus, dass der Nießbraucher einseitig erklärt, dass er das Recht aufgibt. Im nächsten Schritt wird das Nießbrauchrecht dann aus dem Grundbuch ausgetragen und das Recht zur Nutzung und Fruchtziehung geht wieder an den Eigentümer über. Dann muss der Nießbraucher die Immobilie laut § 1055 BGB wieder an den Eigentümer übergeben. Für die Löschung kann auch eine Entschädigung vereinbart werden, die der Käufer an den Nutznießer zahlt.
Nutzt der Nießbraucher die Immobilie nicht sachgemäß, kann der Eigentümer auch eine Abmahnung aussprechen, die zur Aufhebung des Nießbrauchs führt. Details zu Rückforderungsrechten bei vertragswidrigem Verhalten können (und sollten) individuell vereinbart werden.
Eine sogenannte Rückauflassungsvormerkung oder Rückforderungsklausel ermöglicht es dem Eigentümer, die Immobilie in bestimmten Fällen zurückzufordern. Dies kann nicht nur für den Fall des vertragswidrigen Verhaltens sinnvoll sein, sondern beispielsweise auch bei Insolvenz des Beschenkten.
Achtung!
Wenn der Berechtigte auf den Nießbrauch verzichtet, kann dies eine Schenkung darstellen und damit relevant für die Schenkungssteuer werden. Daher sollten Berechtigte vorab bei einem Steuerberater über mögliche steuerliche Konsequenzen informieren. Als Bemessungsgrundlage dient der Wert des Nießbrauchrechts.
7. Kann man ein Nießbrauchrecht verkaufen?
Ein Nießbrauchrecht ist nicht verkäuflich, aber gemäß § 1059 BGB ist es zulässig, die Ausübung auf andere Personen zu übertragen. Alternativ kann es gegen Zahlung einer Entschädigung an den Nutznießer auch gelöscht werden.
8. Ist ein Nießbrauchrecht übertragbar?
Der Nießbrauch an sich ist zwar nicht übertragbar, allerdings kann die Ausübung des Nießbrauchrechts Dritten laut § 1059 BGB überlassen werden. Das Vererben eines Nießbrauchrechts ist nicht möglich. Stirbt der Nießbraucher, wird der Grundbucheintrag nach Vorlage der Sterbeurkunde wieder gelöscht.
Achtung!
Stirbt der Nießbraucher und hat er die Immobilie vermietet, wird der Eigentümer zunächst Vermieter und übernimmt die aus dem Mietvertrag entstehenden Rechte und Pflichten. Dies liegt daran, dass das Nießbrauchrecht nicht vererbt werden kann und somit die Erben des Nießbrauchers außen vor bleiben. Allerdings hat der Eigentümer unter Berücksichtigung der gesetzlichen Kündigungsfrist ein außerordentliches Sonderkündigungsrecht.
9. Welche Alternativen zur Eintragung eines Nießbrauchrechts gibt es?
Inwiefern der Eintrag eines Nießbrauchrechts im Grundbuch sinnvoll ist, hängt davon ab, welche Ziele insgesamt verfolgt werden. Folgende Alternativen zur Eintragung eines Nießbrauchrechts gibt es:
- Wohnrecht: Geht es darum, dass die Immobilie aus steuerlichen Gründen bereits zu Lebzeiten übertragen werden soll und möchte der Eigentümer weiterhin in der Immobilie wohnen, käme auch ein Wohnrecht infrage. Hier muss dann allerdings der Nachteil berücksichtigt werden, der sich ergibt, wenn der Berechtigte in ein Pflegeheim umziehen muss. Dann hat das Wohnrecht, für ihn keinen Wert mehr und ein Nießbrauchrecht wäre die bessere Wahl. Daher gilt es auch abzuwägen, an wen und für welchen Zeitraum ein Nutzungsrecht eingeräumt werden soll.
- Leibrente: Eine weitere Möglichkeit stellt die Leibrente dar. Dabei erhält der Immobilieneigentümer den Verkaufspreis in Form einer monatlichen Rente.
- Schenkung: Da der Schenkungsfreibetrag alle zehn Jahre ausgenutzt werden kann, bietet sich als Alternative zur Übertragung mit Nießbrauchrecht auch eine schrittweise Übertragung der Immobilie an. Ist sie beispielsweise 750.000 Euro wert und soll sie auf ein Kind übertragen werden, kann die Schenkung in zwei Schritten über einen Zeitraum von 20 Jahren ebenfalls steuerfrei erfolgen.
immoverkauf24 Tipp
Inwieweit ein Nießbrauchrecht aus steuerlichen Gründen überhaupt sinnvoll ist, sollte immer vorab geprüft werden. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Wert der Immobilie den Steuerfreibetrag übersteigt.
10. Welche Rechte und Pflichten entstehen durch ein Nießbrauchrecht an einer Immobilie?
Mit dem Nießbrauchrecht geht laut § 1041 BGB die Verpflichtung einher, die Immobilie zu erhalten, ordnungsgemäß zu bewirtschaften und laut § 1045 BGB auch zu versichern. Auch gewöhnliche öffentliche Lasten muss der Nießbraucher laut § 1047 BGB tragen, ausgenommen davon sind allerdings außerordentliche Kosten wie etwa Erschließungskosten. Er wird damit praktisch der wirtschaftliche Eigentümer. Als sogenannter dinglicher Eigentümer darf der Nießbraucher die Immobilie nicht wesentlich umgestalten oder verändern, auch kann er die Immobilie nicht ohne Zustimmung des Eigentümers als Sicherheit für ein Immobiliendarlehen nutzen. Kommt es zu Schäden, muss der Nutznießer den Eigentümer laut § 1042 BGB umgehend darüber informieren.
Der Nutznießer ist jedoch nicht verpflichtet, über die Bewirtschaftung hinausgehende Kosten (etwa Modernisierungskosten) zu tragen. Dies ist Aufgabe des Eigentümers. Es kann aber auch vereinbart werden, dass der Eigentümer sämtliche Kosten trägt. Dann ist vom sogenannten Bruttonießbrauch die Rede.
Der Nießbraucher hat gemäß § 1065 BGB bei Beeinträchtigungen der Nutzung durch Dritte die gleichen Rechte wie ein Eigentümer. An diesen darf der Eigentümer ihn gemäß § 1036 BGB nicht hindern, andernfalls macht er sich schadenersatzpflichtig. Übrigens darf der Nießbraucher auch das sogenannte Aufnahmerecht nutzen und sowohl seine Familie als auch einen Partner oder auch eine Pflegekraft mit ihm in der Immobilie wohnen lassen.
Gut zu wissen: Die genannten gesetzlichen Vorgaben greifen, wenn nichts anderes vereinbart wurde. Die Beteiligten können auch individuelle Vereinbarungen dazu treffen, wer welche Kosten trägt. Auch eine Übernahme der Grundschuld und der Darlehensraten durch den neuen Eigentümer kann vereinbart werden, allerdings muss die finanzierende Bank dann zustimmen. Solche Absprachen sind beispielsweise dann sinnvoll, wenn Eltern ihre Immobilie im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge auf die Kinder übertragen und nur geringe Einkünfte haben. So können sie ihr Haus weiter bewohnen, ohne die gewöhnlichen und außergewöhnlichen Kosten tragen zu müssen.
Wichtig!
Welche Rechte und Pflichten mit dem Nießbrauchrecht einhergehen, sollte von den Beteiligten vertraglich genau festgelegt werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. So sollte auch genau definiert werden, welche Räumlichkeiten dem Nießbraucher zur Nutzung überlassen werden.
11. Auszug aus dem Gesetzestext im BGB zum Nießbrauchrecht
Der Nießbrauch an Sachen wird im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt – genauer gesagt in Buch 3 (Sachenrecht), Abschnitt vier (Dienstbarkeiten), Titel 2 (Nießbrauch), Untertitel 1 (Nießbrauch an Sachen). Dieser Abschnitt umfasst die §§ 1030 bis 1067. Nachfolgend die im Text genannten §§ im Überblick:
§ BGB | Gesetzestext |
§ 1030 Gesetzlicher Inhalt des Nießbrauchs an Sachen |
(1) Eine Sache kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache zu ziehen (Nießbrauch). (2) Der Nießbrauch kann durch den Ausschluss einzelner Nutzungen beschränkt werden. |
§ 1036 Besitzrecht; Ausübung des Nießbrauchs |
(1) Der Nießbraucher ist zum Besitz der Sache berechtigt. (2) Er hat bei der Ausübung des Nutzungsrechts die bisherige wirtschaftliche Bestimmung der Sache aufrechtzuerhalten und nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft zu verfahren. |
§ 1041 Erhaltung der Sache | Der Nießbraucher hat für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen. Ausbesserungen und Erneuerungen liegen ihm nur insoweit ob, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören. |
§ 1042 Anzeigepflicht des Nießbrauchers | Wird die Sache zerstört oder beschädigt oder wird eine außergewöhnliche Ausbesserung oder Erneuerung der Sache oder eine Vorkehrung zum Schutze der Sache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich, so hat der Nießbraucher dem Eigentümer unverzüglich Anzeige zu machen. Das Gleiche gilt, wenn sich ein Dritter ein Recht an der Sache anmaßt. |
§ 1045 Versicherungspflicht des Nießbrauchers |
(1) Der Nießbraucher hat die Sache für die Dauer des Nießbrauchs gegen Brandschaden und sonstige Unfälle auf seine Kosten unter Versicherung zu bringen, wenn die Versicherung einer ordnungsmäßigen Wirtschaft entspricht. Die Versicherung ist so zu nehmen, dass die Forderung gegen den Versicherer dem Eigentümer zusteht. (2) Ist die Sache bereits versichert, so fallen die für die Versicherung zu leistenden Zahlungen dem Nießbraucher für die Dauer des Nießbrauchs zur Last, soweit er zur Versicherung verpflichtet sein würde. |
§ 1047 Lastentragung |
Der Nießbraucher ist dem Eigentümer gegenüber verpflichtet, für die Dauer des Nießbrauchs die auf der Sache ruhenden öffentlichen Lasten mit Ausschluss der außerordentlichen Lasten, die als auf den Stammwert der Sache gelegt anzusehen sind, sowie diejenigen privatrechtlichen Lasten zu tragen, welche schon zur Zeit der Bestellung des Nießbrauchs auf der Sache ruhten, insbesondere die Zinsen der Hypothekenforderungen und Grundschulden sowie die auf Grund einer Rentenschuld zu entrichtenden Leistungen. |
§ 1055 Rückgabepflicht des Nießbrauchers
|
(1) Der Nießbraucher ist verpflichtet, die Sache nach der Beendigung des Nießbrauchs dem Eigentümer zurückzugeben. (2) Bei dem Nießbrauch an einem landwirtschaftlichen Grundstück finden die Vorschriften des § 596Abs. 1 und des § 596a, bei dem Nießbrauch an einem Landgut finden die Vorschriften des § 596 Abs. 1 und der §§ 596a, 596b entsprechende Anwendung. |
§ 1059 Unübertragbarkeit; Überlassung der Ausübung
|
Der Nießbrauch ist nicht übertragbar. Die Ausübung des Nießbrauchs kann einem anderen überlassen werden. |
§ 1065 Beeinträchtigung des Nießbrauchsrechts
|
Wird das Recht des Nießbrauchers beeinträchtigt, so finden auf die Ansprüche des Nießbrauchers die für die Ansprüche aus dem Eigentum geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. |
12. Wie wird ein Nießbrauchrecht steuerlich bewertet?
In steuerlicher Hinsicht muss der sogenannte Nießbraucherlass berücksichtigt werden. Diesen hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) herausgegeben, er beinhaltet unter anderem Vorgaben für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung, für die auch der sogenannte Vervielfältiger eine Rolle spielt. Dieser wird benötigt, um den Wert eines Nießbrauchrechts zu bestimmen und ist in der Anlage zu § 14 des Bewertungsgesetzes (BewG) definiert.
Die Ausgestaltung des Nießbrauchs hat in einkommens-, erbschafts- und schenkungssteuerlicher Hinsicht unterschiedliche Folgen. Steuerlich ist zudem auch relevant, ob es sich um einen Zuwendungsnießbrauch oder Vorbehaltsnießbrauch handelt:
Zuwendungsnießbrauch
In diesem Fall bestellt der Eigentümer einen Nießbrauch zugunsten des Berechtigten, letzterer erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sofern er die Immobilie nicht selber nutzt. Werbungskosten darf er abziehen, sofern er diese auch selbst getragen hat (=sogenannter Nettonießbrauch). Abschreibungen für die Immobilie kann der Nießbraucher dann allerdings nicht steuerlich geltend machen, da er nicht Eigentümer ist. Dieser kann die AfA ebenfalls nicht nutzen, da er keine Mieteinnahmen erzielt. Aus einkommensteuerlicher Sicht ist dieses Modell bei Vermietung eher ungünstig. Der Zuwendungsnießbrauch wird steuerlich noch weiter differenziert:
Entgeltlicher Nießbrauch
Der Nießbraucher muss die Pacht- bzw. Mieteinnahmen versteuern, kann aber das an den Eigentümer gezahlte Entgelt sowie andere Aufwendungen wie etwa Erhaltungsaufwand über Abschreibungen als Werbungskosten geltend machen. Im Gegenzug versteuert der Eigentümer das Entgelt als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung und kann daher auch die AfA auf das Gebäude geltend machen.
Unentgeltlicher Nießbrauch
Auch bei unentgeltlichem Nießbrauch versteuert der Begünstigte die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und kann Werbungskosten geltend machen. Diese fallen allerdings niedriger aus, weil kein Entgelt für den Nießbrauch gezahlt wird. Beim Eigentümer fallen keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung an, da er kein Entgelt erhält. Bei Selbstnutzung ist der unentgeltliche Nießbrauch einkommensteuerlich irrelevant, da weder beim Nutznießer noch beim Eigentümer Einnahmen anfallen.
Teilentgeltlicher Nießbrauch
In diesem Fall wird der Nießbrauch steuerlich in zwei Vorgänge aufgeteilt und die Besteuerung entsprechend vorgenommen.
Vorbehaltsnießbrauch
Von einem Vorbehaltsnießbrauch ist dann die Rede, wenn die Immobilie den Eigentümer wechselt und gleichzeitig ein Nießbrauchrecht für den bisherigen Eigentümer bestellt wird. Dann erzielt der bisherige und nicht der neue Eigentümer Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, sofern er die Immobilie nicht selbst nutzt. Er kann weiterhin Abschreibungen für das Gebäude vornehmen, da er die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes getragen hat, während der neue Eigentümer keine Einkünfte erzielt und somit auch keine Abzüge für Aufwendungen vornehmen kann.
In puncto Erbschaftsteuer lassen sich über den Vorbehaltsnießbrauch Steuern sparen. Ein Beispiel: Angenommen, ein Haus hat einen Wert von 700.000 Euro und soll von den Eltern auf den Sohn via Schenkung übertragen werden. Da der Freibetrag 400.000 Euro beträgt, würden auf den übersteigenden Betrag von 300.000 Euro Schenkungssteuern in Höhe von elf Prozent anfallen - wobei bei Vermietung zehn Prozent vom Verkehrswert (70.000 Euro) von der Bemessungsgrundlage (300.000 Euro) abgezogen werden. Es würden also bei Vermietung 25.300 Euro Steuern anfallen und ohne Vermietung 33.000 Euro. Wird das Haus hingegen im Rahmen eines Vorbehaltsnießbrauchs übertragen, reduziert sich der Wert der Schenkung um den Wert des Nießbrauchrechts. Beträgt dieser beispielsweise 320.000 Euro, würde keine Schenkungssteuer anfallen, da der Wert der Schenkung nur noch bei 380.000 Euro liegt.
Wichtig zu wissen: Ein Verzicht auf die Ausübung des Nießbrauchrechts hat steuerliche Konsequenzen. Liegt beispielsweise ein Vorbehaltsnießbrauch vor und verzichtet der Nießbraucher auf die Nutzung, entspricht der Nießbrauchwert einer Schenkung an den Eigentümer. Um die Bemessungsgrundlage für die Schenkungsteuer zu ermitteln, wird der Nießbrauchwert zum Zeitpunkt des Verzichts vom Nießbrauchwert zum Zeitpunkt der Bestellung des Nießbrauchs abgezogen. Zahlt der Eigentümer hingegen eine Ablösesumme für den Verzicht, fallen keine Steuern an, da keine sogenannte unentgeltliche Zuwendung vorliegt.
Achtung!
Neben der steuerlichen Gestaltung müssen auch erbrechtliche Fragen bedacht werden: So gilt beim Vorbehaltsnießbrauch im Gegensatz zur reinen Schenkung, dass ein Pflichtteilsergänzungsanspruch bestehen bleibt. Dies ist dann von Bedeutung, wenn der Pflichtteil eines unliebsamen Erben möglichst gering gehalten werden soll. Einen Überblick über weitere rechtliche Rahmenbedingungen erhalten Sie auf der Seite Erbrecht.
13. Was passiert mit dem Nießbrauchrecht, wenn der Eigentümer stirbt?
Wurde ein lebenslanges Nießbrauchrecht bestellt, gilt dies für den Nießbraucher lebenslang – auch über den Tod des Eigentümers hinaus. Ist das Nießbrauchrecht zeitlich unbegrenzt vereinbart worden, wird ebenfalls von einem lebenslangen Nutzungsrecht ausgegangen.
Beinhaltet die Vereinbarung zum Nutzungsrecht jedoch beispielsweise, dass es zeitlich begrenzt ist, solange der Eigentümer lebt, endet der Nießbrauch mit seinem Tod.
Im Detail: Nießbrauchrecht bei Immobilienkauf
Es kommt gelegentlich vor, dass Immobilien zu einem besonders attraktiven Preis angeboten werden, der deutlich unter den Kaufpreisen für vergleichbare Objekte in der Umgebung liegt. Dies kann beispielsweise daran liegen, dass es sich um ein Objekt handelt, für das ein Wohnrecht oder ein Nießbrauchrecht im Grundbuch eingetragen wurde. Dies bedeutet, dass die Immobilie nicht frei verfügbar ist, sondern die im Grundbuch benannten Personen diese entweder zeitlich befristet oder lebenslang nutzen dürfen. Inwieweit sie das Objekt selbst bewohnen oder auch vermieten dürfen, hängt davon ab, ob es sich um ein Wohnrecht oder Nießbrauchrecht handelt. Letzteres ermöglicht auch die Vermietung durch den Nutznießer.
Aufgrund dieser Tatsache ist der Kaufpreis für solche Immobilien niedriger. Dabei fällt der Preisabschlag umso höher aus, je höher der Wert des Nießbrauchrechts ist. Dieser ist nicht nur von der vergleichbaren Miete für das Objekt, sondern auch von der Dauer des eingeräumten Nießbrauchrechts abhängig. Wurde es beispielsweise für eine 50-jährige Frau auf Lebenszeit eingetragen, fällt der Wert höher aus als bei einem 70-jährigen Mann. Der Grund: Die Formel für die Ermittlung des Werts beinhaltet auch einen Faktor, der sich auf die Lebenserwartung des Nutznießers bezieht.
Inhalt dieses Abschnitts
1. Hauskauf mit Nießbrauchrecht: Was muss man beachten?
Wer einen Hauskauf mit Nießbrauchrecht in Erwägung zieht, sollte sich zunächst umfassend mit dem Thema auseinandersetzen. Denn ein Nießbrauchrecht bleibt unberührt vom Verkauf der betreffenden Immobilie bestehen und wird keinesfalls damit beendet. Daher sollte beispielsweise ein Fachanwalt für Immobilienrecht hinzugezogen werden. Auch gilt es, den Kaufpreis realistisch einzuschätzen bzw. sich Hilfe durch einen Experten zu holen. Beides ist wichtig, weil
- die Selbstnutzung auf lange Zeit nicht möglich ist. Dabei ist zu unterscheiden, ob das Nießbrauchrecht zeitlich befristet ist oder lebenslang eingeräumt wurde. Ist Letzteres der Fall, weiß man als Käufer nicht, ab wann die Selbstnutzung oder eine Vermietung möglich sein wird.
- der Wiederverkauf einer Immobilie mit Nießbrauchrecht sich schwieriger gestaltet als ein Wiederverkauf ohne derartige Belastungen im Grundbuch.
- ein Nießbrauchrecht die Finanzierungsmöglichkeiten einschränkt
- ein Nießbrauchrecht auch Rechte und Verpflichtungen für den Käufer und Nutznießer der Immobilie beinhaltet. Diese sollten den Erwerbern vor dem Kauf genau bekannt sein.
- der Wert des Nießbrauchrechts den Kaufpreis erheblich beeinflusst. Da dieser niedriger ist als bei Immobilien ohne derartige Belastung, könnte er von Laien falsch eingeschätzt werden, da sie ihn nicht mit anderen Objekten vergleichen können. Zudem ist es für Laien schwierig einzuschätzen, ob der Wert des Nießbrauchrechts realistisch ist.
Da ein Nießbrauchrecht in beiderseitigem Einvernehmen auch gelöscht werden kann, wäre es auch denkbar, mit dem Nutznießer das Gespräch zu suchen und eine Entschädigung anzubieten. Auch hier ist es ratsam, einen Experten einzuschalten, um einen angemessenen Wert für eine solche Ausgleichszahlung zu ermitteln.
immoverkauf24 Tipp
Da im Grundbuch nicht alle Einzelheiten zum Nießbrauch genannt sind, sollten Kaufinteressenten immer darauf bestehen, auch den Nießbrauchvertrag einzusehen. Nennt der Verkäufer nicht alle Details zum Nießbrauchrecht, macht er sich haftbar.
2. Wirkt sich ein Nießbrauchrecht auf die Finanzierungsmöglichkeiten aus?
Eine mit einem Nießbrauchrecht belastete Immobilie ist weniger wert als eine ohne diese Eintragung in Abteilung II des Grundbuchs. Das hat zur Folge, dass diese Immobilien zu einem niedrigeren Kaufpreis zu haben sind. Allerdings ist es auch schwieriger, einen zinsgünstigen Immobilienkredit zu erhalten.
Der Grund: Sollte der Kreditnehmer in finanzielle Schwierigkeiten geraten, will die Bank sicherstellen, dass sie bei einer Zwangsversteigerung zuerst bedient wird. Das erreicht sie durch die Eintragung einer so genannten erstrangigen Grundschuld im Grundbuch. Dies ließe sich bei einem eingetragenen Nießbrauchrecht allerdings nur erreichen, wenn der Nutznießer sich auf eine nachrangige Absicherung des Nießbrauchs einlässt. Für ihn ist dies jedoch nachteilig, da er dann bei einer Zwangsversteigerung Gefahr läuft, das Nießbrauchrecht zu verlieren und ihm im Gegenzug schlimmstenfalls ein deutlich geringerer Kapitalwert ausgezahlt wird oder er sogar leer ausgeht. Dies wäre dann der Fall, wenn der Versteigerungserlös zu niedrig ausfällt, um nicht nur die Bank zu bedienen, sondern auch noch diese Zahlung zu leisten.
In der Regel bestehen Banken wegen dieser Problematik auf den Rangrücktritt des Nießbrauchers. Stimmt dieser nicht zu, gibt es dennoch Möglichkeiten, einen Hauskredit zu erhalten. Allerdings wird die Bank dann die Wertminderung durch die Belastung berücksichtigen, entsprechend niedriger fällt dann auch die mögliche Darlehenssumme aus. Manche Banken lehnen solche Vorlasten auch strikt ab, andere entscheiden je nach Einzelfall.
3. Immobilie mit Nießbrauchrecht als Sicherheit für die Finanzierung einsetzen – geht das?
Eine mit einem Nießbrauchrecht belastete Immobilie lässt sich nur schwer verkaufen – und ist zudem weniger wert als ein vergleichbares lastenfreies Objekt. Daher eignen sich diese Immobilien deutlich schlechter als Sicherheit für eine Finanzierung als unbelastete, deren Nutzung nicht durch Nießbrauch oder Wohnrecht eingeschränkt wird. Die Suche nach einer finanzierenden Bank kann sich schwieriger gestalten. Hinzu kommt, dass der Nießbrauchvertrag auch Vereinbarungen zur Beleihung der Immobilie enthalten kann. Diese müssen ebenfalls beachtet werden und können dazu führen, dass die Beleihung nicht möglich ist.
Im Detail: Nießbrauchrecht bei Erschaft einer Immobilie
Es kommt häufig vor, dass im Rahmen einer Erbschaft ein Nießbrauchrecht vorgesehen ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Erblasser auf eine vorweggenommene Erbfolge im Rahmen einer Schenkung verzichtet und stattdessen im Testament verfügt, dass ein Nießbrauchrecht zugunsten einer bestimmten Person bestellt werden soll. Auch kann im Testament festgelegt werden, wer Eigentümer der Immobilie werden soll. Für Erben, die mit dem Thema konfrontiert werden, ist es daher wichtig, sich mit dem Nießbrauchrecht auseinanderzusetzen.
Das Thema Nießbrauchrecht bei Erbschaft einer Immobilie kann aber auch relevant werden, wenn der Erblasser bereits zu Lebzeiten ein Nießbrauchrecht bestellt hat. Dies kann sowohl im Rahmen des Vorbehaltsnießbrauchs als auch im Rahmen des Zuwendungsnießbrauchs der Fall sein. Bei ersterem wird die Immobilie auf den neuen Eigentümer übertragen und der bisherige lässt sich ein Nießbrauchrecht einräumen. Im zweiten Fall wird ein Nießbrauchrecht eingeräumt und die Immobilie wechselt nicht den Eigentümer. Wichtig wird der Nießbrauch deshalb, weil er nicht nur die Nutzung der Immobilie beeinflusst, sondern auch den Immobilienwert. Beides ist für die Erben von Belang.
Inhalt dieses Abschnitts
1. Welche Auswirkungen hat ein Nießbrauchrecht auf ein Immobilien-Erbe? Erlischt es mit dem Tod des Erblassers?
Wenn Sie eine Immobilie erben, sind die Auswirkungen, die sich konkret aus einem Nießbrauchrecht auf die Erben ergeben, davon abhängig, ob es bereits zu Lebzeiten des Erblassers bestellt wurde oder im Testament vorgesehen ist:
Zu Lebzeiten bestelltes Nießbrauchrecht
War der Erblasser der Eigentümer und nicht der Nießbrauchsberechtigte, besteht das Nießbrauchrecht üblicherweise weiter fort. Allerdings kann der Nießbrauchvertrag auch beinhalten, dass der Nießbrauch mit dem Tod des Eigentümers endet. War er hingegen der Nutznießer und nicht der Eigentümer, endet das Nießbrauchrecht durch seinen Tod. Dies gilt allerdings nicht, wenn ein sogenannter Nachrangnießbrauch festgelegt wurde: Dann geht das Nießbrauchrecht auf die Person über, die bei der Übergabe als Nutznießer im Todesfall genannt wurde.
Testamentarische Regelung
In diesem Fall sieht der Erblasser im Testament vor, dass nach seinem Tod ein Nießbrauchrecht bestellt wird. Die Motivation dahinter ist meist der Wunsch, einen Angehörigen abzusichern. Dabei ist zwischen Versorgungs- und Vermächtnisnießbrauch zu unterscheiden. Der Versorgungsnießbrauch wird häufig von Ehepaaren genutzt, wenn einer von beiden Alleineigentümer der Immobilie ist. Hat das Paar Kinder und stirbt der Eigentümer, erbt der Partner die eine Hälfte der Immobilie und die Kinder die andere. Verfügt der Eigentümer, dass im Todesfall ein Nießbrauchrecht für den Partner bestellt werden soll, sichert er seinen Partner damit ab und dieser kann die Immobilie weiter bewohnen und nutzen.
Beim Vermächtnisnießbrauch hingegen legt der Erblasser im Testament fest, dass der Erbe beispielsweise dem Partner des Verstorbenen ein Nießrauchrecht einräumen muss. Nutzt dieser die Immobilie nicht selbst, stehen ihm und nicht dem Erben die Erträge aus der Vermietung zu.
Werden die Erben Eigentümer einer mit Nießbrauchrecht belasteten Immobilie, müssen sie sich aufgrund dieser Besonderheit darauf einstellen, dass sie die Immobilie nur schwer verkaufen können und auch die Selbstnutzung zunächst nicht möglich sein wird. Ist diese gewünscht, könnte aber eine Entschädigungszahlung an die Nießbraucher eine Möglichkeit sein, das Nießbrauchrecht löschen zu lassen. Auch wird ein Immobilienverkauf zu einem deutlich geringeren Erlös möglich sein, da der Wert des Nießbrauchs den Verkehrswert schmälert. Vorteilhaft kann sich das Nießbrauchrecht hingegen steuerlich auswirken, da auch der Wert der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer niedriger ausfällt und es somit einfacher wird, die Freibeträge zu unterschreiten.
2. Welche Auswirkungen hat ein Nießbrauchrecht auf den Pflichtteil eines Erbes?
Vielfach wird eine Immobilie bereits im Wegen der vorweggenommenen Erbfolge und einer Schenkung übertragen. Oft spielen dabei nicht nur steuerliche Aspekte eine Rolle. Manche Immobilieneigentümer hegen auch den Wunsch, ungeliebten Angehörigen möglichst keinen Pflichtteil zu vererben – und ziehen daher eine Schenkung in Betracht. Der Grund: Was bereits verschenkt ist, kann nicht mehr vererbt werden. Dabei gilt allerdings, dass der genannte Pflichtteilsergänzungsanspruch der Erben pro Jahr um zehn Prozent sinkt. Dies hat zur Folge, dass der Anspruch nach zehn Jahren entfällt. Ist mit der Schenkung hingegen ein Nießbrauchrecht zugunsten des Schenkenden (Vorbehaltsnießbrauch) verbunden, reduziert sich der Pflichtteilsanspruch über die Jahre keineswegs und bleibt in voller Höhe bestehen. Der Grund: Die Frist gilt nicht, wenn sich der Übertragende wesentliche Rechte vorbehalten hat, wozu auch der Nießbrauch gehört. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits 1994 in einem Urteil entschieden (AZ IV ZR 132/93).