Bestellerprinzip: Bei der Mehrzahl der Immobilientransaktionen sind Makler nicht beteiligt
Durch Einführung des Bestellerprinzips bei Immobilienkäufen will die Regierung mehr Menschen ermöglichen, eine Immobilie zu erwerben. Die sechs bis sieben Prozent des Kaufpreises, die Makler in der Regel als Courtage erhalten, werden bisher je nach Bundesland vollständig oder zur Hälfte von den Käufern getragen. Durch das Bestellerprinzip müssten in den meisten Fällen die Verkäufer die Kosten übernehmen. Doch würde das tatsächlich mehr Menschen den Kauf ermöglichen? Die Zahlen des Grundstückmarktberichts Hamburg zeigen, dass die Mehrzahl der Immobilientransaktionen gar nicht mit Hilfe eines Maklers stattfindet.
Die Befürworter des Bestellerprinzips beim Immobilienkauf verweisen darauf, dass eine solche Praxis schlicht und ergreifend viel gerechter sei, da hauptsächlich die Verkäufer von den Makler-Aktivitäten profitierten. Zudem liege vor allem in Ballungszentren die Maklercourtage schnell bei 20.000 bis 30.000 Euro – und das sei für die meisten Käufer ein durchaus entscheidender Posten.
Die Gegner argumentieren, die Courtage würde nach Einführung des Bestellerprinzips von den Verkäufern auf den Verkaufspreis aufgeschlagen – die Kosten für Käufer reduzierten sich deshalb gar nicht. Weil durch den höheren Immobilienpreis auch die Grunderwerbsteuer steige, könnte es sogar teurer für sie werden. Und überhaupt gebe es viel effektivere Hebel, um Käufer zu entlasten – z.B. könnte man bei der besagten Grunderwerbsteuer ansetzen.
Der Blick in Zeitung und Internet suggeriert: Ohne Makler kein Immobilienkauf
Wer in Printmedien und Online-Portalen nach einer Immobilie zum Kauf sucht, gewinnt in der Tat den Eindruck, dass es viel Glück braucht, ein Haus oder eine Wohnung ohne Maklervermittlung zu erwerben. Eine Auswertung der Immobilienangebote in Hamburg in Printmedien und auf Online-Portalen von Januar 2018 bis September 2018 zeigt, dass über diese Kanäle Ein- und Zweifamilienhäuser und auch Wohnungen zum Kauf in 85 Prozent der Fälle von Immobilienmaklern angeboten werden. Grundstücke für Ein- oder Zweifamilienhäuser werden sogar in 88 Prozent der Fälle von professionellen Vermittlern inseriert.
Auswertung der in Printmedien und online inserierten Immobilien in Hamburg, Januar bis September 2018
Angebote insgesamt | Angebote durch Makler | Angebote durch Privatanbieter | |
---|---|---|---|
Ein- und Zweifamilienhäuser | 9.176 | 7.769 (85%) | 1.407 (15%) |
Eigentumswohnungen | 12.886 | 10.986 (85%) | 1.900 (15%) |
Grundstücke für den individuellen Wohnungsbau | 1.425 | 1.247 (88%) | 178 (12%) |
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Die Transaktionszahlen zeigen: Verkäufe mit Makler sind nicht die Regel
Jedoch: Der Immobilienmarktbericht des Gutachterausschusses Hamburg weist andere Zahlen aus. Danach wurden 2017 nur 45 Prozent der Ein- und Zweifamilienhäuser von Maklern vermittelt, bei Eigentumswohnungen waren es 46 Prozent und bei Grundstücken nur 31 Prozent. Bei Grundstückstransaktionen könnte man anneh-men, die Stadt Hamburg sei am häufigsten Verkäufer, jedoch war die Hansestadt bei Grundstücksverkäufen nur in 20 Prozent der Fälle beteiligt.
Fazit dieser Zahlen: Die Mehrzahl der Häuser, Wohnungen und Grundstücke wird tatsächlich privat verkauft – und gelangt gar nicht auf den Markt.
Zahlen des Immobilienmarktberichts 2018 des Gutachterausschusses Hamburg
Anzahl Trans- aktionen 2017 |
Verkäufe durch Makler 2017 |
Verkäufe durch Stadt |
|
---|---|---|---|
Ein- und Zweifamilienhäuser | 2.971 | 45% | 2 |
Eigentumswohnungen | 6.363 | 46% | 0 |
Grundstücke für den individuellen Wohnungsbau |
624 | 31% | 123 |
Quelle: Immobilienmarktbericht des Gutachterausschusses Hamburg
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Die Verkäufe durch Makler sind im Immobilienmarktbericht Hamburg nur in Prozentangaben und nicht in absoluten Zahlen vorhanden. In den Immobilienmarktberichten anderer Regionen sie gar nicht ausgewiesen, eine ähnliche Verteilung in anderen Großstädten ist jedoch wahrscheinlich.
„Durch Makler vermarktete Immobilien sind in Zeitungen und Portalen unter anderem so deutlich in der Überzahl, weil Makler im Gegensatz zu Privatverkäufern ein Objekt häufig über mehrere Immobilienportale und Zeitungen vermarkten, Privatanbieter häufig nur über einen Kanal“, weiß Dr. Niels Jacobsen, Gründer von Immoverkauf24. „So entsteht der Eindruck, dass auch die Mehrzahl der Immobilienkäufe mit Maklern stattfindet. Dem ist jedoch nicht so. Denn ein Verkauf ist in der Regel kein spontaner Entschluss, sondern die Eigentümer tragen den Gedanken lange mit sich herum. Während dieser Zeit erfahren Freunde, Bekannte und Nachbarn davon, melden Interesse an und mit einem Kaufwilligen kommt der Vertrag zustande. Ergebnis ist, dass eine Vielzahl von Objekten nicht auf den Markt gelangt. Entsprechend spielt die Maklercourtage bei der Mehrzahl der Transaktionen auch keine Rolle. Jedoch könnte das Bestellerprinzip beim Immobilienverkauf dafür sorgen, dass Eigentümer häufiger versuchen, ihre Immobilien „unter der Hand“ zu verkaufen, um die nun für sie anfallenden Maklerkosten zu sparen. Bei Mietobjekten hat das Bestellerprinzip für solch eine Entwicklung gesorgt. Für Interessenten würde das den Kauf letztendlich zusätzlich erschweren, weil noch weniger Objekte auf den Markt kommen.“