Experteninterview: Mietverträge für Wohnraum – wichtige Inhalte & typische Fehler
Mietverträge zwischen Mietern und Vermietern sind häufig Ursache für Rechtsstreitigkeiten. Hintergrund ist oftmals, dass bei der Erstellung des Vertrags Fehler gemacht wurden, etwa aus Unwissenheit. Umso wichtiger ist es deshalb, dass sich beide Parteien, insbesondere jedoch der Vermieter, im Vorfeld genau über den korrekten Inhalt eines Mietvertrags informieren. Mietrechts-Anwalt Daniel Hesterberg klärt über die wichtigsten Punkte auf.
Herr Hesterberg, welche Themen sollte der Mietvertrag unbedingt beinhalten?
Daniel Hesterberg: Um einen Mietvertrag rechtswirksam zu gestalten, gibt es eine ganze Reihe von Punkten, die Vermieter unbedingt darin aufnehmen müssen. Das reicht beispielsweise von Angaben zu Mietzahlungen, Kaution und Kündigungsfristen über Aussagen zu Schönheitsreparaturen und dem Zustand der Mieträume bis hin zur Frage, wie es mit einer Untervermietung aussieht und wann der Vermieter die Wohnung betreten darf.
Salvatorische Klausel sollte auf jeden Fall im Vertrag enthalten sein
Auch die sogenannte salvatorische Klausel, die festlegt, dass der Vertrag als solcher wirksam bleibt, wenn sich einzelne Klauseln des Vertrags als unwirksam erweisen, sollte ebenso wie die Hausordnung Teil des Mietvertrags sein.
Welche Punkte können optional in den Mietvertrag aufgenommen werden?
Daniel Hesterberg: Nicht zwingend in einem Mietvertrag enthalten sein müssen beispielsweise Angaben zu Regelungen eines Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechts des Mieters, zu Versicherungen, die der Mieter oder Vermieter abgeschlossen oder abzuschließen hat, sowie zu Gas- oder Stromanschlüssen. Es steht Vermietern aber frei, diese Punkte in den Mietvertrag aufzunehmen. Dasselbe gilt für die Frage, welche eigenen Haushaltsmaschinen aufgestellt werden dürfen: Sie kann, muss aber nicht im Mietvertrag thematisiert werden.
Gibt es einen Mindestumfang, den ein Mietvertrag haben sollte?
Daniel Hesterberg: Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Wichtig ist hier in erster Linie, dass die wesentlichen Hauptvertragspunkte geregelt sind, also die Parteien – Vermieter und Mieter – sowie die Mietsache genannt werden und die Miethöhe festgelegt wird. Nur so kann überhaupt ein wirksamer Vertrag vorliegen. Auch ist stets zur Schriftform zu raten, denn wird der Mietvertrag für mehr als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.
Nebenkosten als Pauschale oder Vorauszahlung – was ist der Unterschied?
Daniel Hesterberg: Zunächst einmal steht es den Vertragsparteien frei zu vereinbaren, dass der Mieter die Betriebskosten im Sinne der geltenden Betriebskostenverordnung trägt. Haben die Parteien in dieser Hinsicht nichts vereinbart, hat der Vermieter nach dem Gesetz sämtliche Betriebs- und Nebenkosten zu tragen. Das kommt aber in der Praxis kaum vor.
Betriebskosten: Vorauszahlung ist empfehlenswerter als eine Pauschale
Generell ist eine Vorauszahlung empfehlenswerter als eine Pauschale. Zwar wird bei beiden ein fester Betrag vereinbart, zum Beispiel 150 Euro monatlich. Bei einer Vorauszahlung wird aber jährlich über die Betriebskosten abgerechnet, so dass sich ein Guthaben oder eine Nachzahlung ergeben kann.
Bei einer Betriebskostenpauschale hingegen kann der Vermieter sie nur erhöhen, wenn die Betriebskosten gestiegen sind und im Mietvertrag eine entsprechende Erhöhungsklausel vereinbart wurde. Ermäßigen sich die Betriebskosten, so ist die Betriebskostenpauschale entsprechend herabzusetzen.
Warum sind die Quadratmeterangaben zu Wohnungen so häufig Streitpunkt?
Daniel Hesterberg: Vorweg gesagt, sollte jeder Vermieter die Wohnflächenberechnung und die Größenagaben zur Wohnung vor allem deshalb korrekt vornehmen, da die Umlegungsmaßstäbe für die Betriebskosten sowie die Mietpreiserhöhung von der Quadratmeterzahl abhängen. Darüber hinaus kann jeder Mieter ohne weitere Darlegungspflicht erklären, dass ein Mietmangel vorliegt, wenn die tatsächliche Wohnfläche um mehr als zehn Prozent – so die vom Bundesgerichtshof festgelegte Grenze – von der vereinbarten Fläche abweicht. Die sogenannte Gebrauchstauglichkeit der Wohnung ist auf diese Weise gemindert. Alles unter dieser vom Bundesgerichtshof festgelegten Grenze kann Streit bedeuten. Dann ist es an dem Mieter, die Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit konkret darzulegen und zu beweisen.
Kündigungsverzicht im Mietvertrag: Was heißt das für Mieter und Vermieter?
Daniel Hesterberg: Es steht den Mietvertragsparteien zumindest in Grenzen frei, einen solchen Ausschluss oder Verzicht in den Vertrag mit aufzunehmen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist aber ein formularmäßiger Kündigungsausschluss wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters dann unwirksam, wenn er einen Zeitraum von vier Jahren überschreitet – gerechnet vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter den Vertrag erstmals beenden kann.
Bei Individualvereinbarungen bestimmen Mieter und Vermieter den Inhalt
Davon zu unterscheiden ist eine Individualvereinbarung, die jedoch voraussetzt, dass Mieter und Vermieter gleichberechtigt den Mietvertragsinhalt bestimmen dürfen. Bei formularmäßigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die in aller Regel durch den Vermieter gestellt werden, ist das nicht der Fall.
Alle Mieter unterschreiben oder nur einer – was sind die Vor- und Nachteile?
Daniel Hesterberg: Wenn alle Mieter einen Mietvertrag unterschreiben, hat das für die Mieter den Vorteil, dass alle gleichberechtigt Vertragsparteien werden – mit allen Rechten, aber auch allen Pflichten. Der Vermieter wiederum kann so jeden einzelnen Mieter auf die volle Miete in Anspruch nehmen, wenn er dieses so als Gesamtschuld im Mietvertrag ausweist.
Muss ein Mieter wiederum die Miete allein voll verauslagen, weil der Vermieter das so von ihm verlangt, kann er Rückgriff bei den anderen Mietern hinsichtlich der Miete nehmen.
Gibt es einen einzelnen Mieter, ist er rechtlich dazu in der Lage, seinen Ehepartner oder auch nichtehelichen Partner mit in die Wohnung aufzunehmen. Dass er auch in den Mietvertrag aufgenommen wird, ist nicht nötig.
Eine weitere Möglichkeit ist die Bildung einer Wohngemeinschaft, bei der nur ein Mieter vorhanden ist und die anderen Mieter seine Untermieter sind. Hierfür ist aber grundsätzlich die Zustimmung des Vermieters notwendig.
Was sind typische, aber eigentlich unzulässige Vereinbarungen oder Formulierungen in Mietverträgen?
Daniel Hesterberg: Die meisten Schwachpunkte weisen Mietverträge bei Schönheitsreparaturklauseln auf, da die Rechtsprechung nahezu unübersehbar geworden ist, selbst die höchstrichterliche des Bundesgerichtshofs. Für den Vermieter bedeutet das, dass er Gefahr läuft, dass eine am Anfang des Vertrages wirksame Klausel später einmal unwirksam werden kann. Eine Anpassung ist später nicht mehr möglich, wenn der Mieter nicht zustimmt.
Wird eine unrenovierte Wohnung übergeben, kann bei Auszug keine Endrenovierung verlangt werden
Eine unzulässige Klausel wäre zum Beispiel, dass starre Fristen für Schönheitsreparaturen vereinbart werden, ohne Berücksichtigung des Zustandes der Mietsache, oder eine Endrenovierung bei Übergabe einer unrenovierten Wohnung gefordert wird. Weiterhin unzulässig wäre ebenfalls, jegliche Tierhaltung auszuschließen, Kleintiere inklusive. Auch dass der Vermieter einen Schlüssel der Wohnung behält oder sich ohne Sachgrund ein jederzeitiges Betretungsrecht für die Wohnung ausbedingt, ist nicht erlaubt.
Über welche Punkte im Mietvertrag kommt es am häufigsten zum Streit zwischen Mietern und Vermietern?
Daniel Hesterberg: Auch hier sind wieder die Schönheitsreparaturen zu nennen wie auch die sich häufig daran anschließende Frage nach der Rückzahlung der Kaution bzw. Verrechnung.
Weitere häufige Streitpunkte sind bestehende Mietmängel und die damit zusammenhängende Forderung nach Mietminderung, die Betriebskostenabrechnung oder Störungen durch Lärm.
In welchem Verhältnis stehen Mietvertrag und Hausordnung, welche Inhalte werden jeweils abgehandelt?
Daniel Hesterberg: Die Hausordnung kann zum Bestandteil des Mietvertrages gemacht werden, wobei jedoch vieles schon im Rahmen einer vertraglichen Nebenpflicht für den Mieter gilt. Nichtsdestotrotz ist es gängig und sinnvoll, das in einer Hausordnung gesondert festzulegen.
Hausordnung kann nur aus dringenden Gründen geändert werden
Letztere kann vom Vermieter nur geändert werden, wenn dringende Gründe der Ordnung oder der Bewirtschaftung dies erfordern. Diese Gründe sind dem Mieter zugleich mit der neuen Hausordnung mitzuteilen. Durch Bestimmungen der Hausordnung können auf jeden Fall Bestimmungen des Vertrags nicht geändert werden.
Vorformulierte Muster von Mietverträgen – was sind Vorteile und Risiken?
Daniel Hesterberg: Es ist auf jeden Fall ratsam, sich vorformulierte Muster von einem juristischen Verlag im Fachhandel zu beschaffen oder dieses ganz individuell durch einen Anwalt erstellen zu lassen. Dieses Muster sollte alle paar Jahre auf Neuerungen in der Rechtsprechung kontrolliert und aktualisiert werden.
Das größte Risiko besteht darin, dass Vermieter in manchen Fällen meinen, sie könnten noch Zusatzvereinbarungen unter den ausgefüllten Mustervertrag einfügen. Diese Änderungen bergen aber die Gefahr, dass dadurch eine oder mehrere Klauseln im Vertrag unwirksam werden können. In diesem Fall sollte besser der Rat eines Anwalts oder einer Vermietervertretung eingeholt werden.