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„Wir haben inzwischen einen echten Käufermarkt, das erlebe ich jeden Tag“

Immobilienpreise 17.05.2023 Constanze Zumbaum
Maklerin im Gespräch mit Käufern

Die Hamburger Immobilienmaklerin Constanze Zumbaum erklärt, was der Wandel auf dem Immobilienmarkt für Kaufende und Verkaufende bedeutet.

Welche konkreten Veränderungen haben sich jüngst auf dem Immobilienmarkt vollzogen?

Constanze Zumbaum: Bis Anfang 2022 war die Nachfrage riesig, das Angebot knapp und das führte zu immer weiter steigenden Immobilienpreisen. Eigentümer:innen hatten in der Regel keine Schwierigkeiten, ihre Preisvorstellungen beim Verkauf durchzusetzen. Und das funktionierte, weil Käufer:innen diese hohen Preise zu extrem günstigen Konditionen finanzieren konnten. Die Zinsen lagen bis Ende 2021 bei um einen Prozent.

Ein großes Angebot und eine rückläufige Nachfrage prägen den Markt

Nun sind wir bei ca. vier Prozent Zinsen angekommen. Und die Situation ist umgekehrt: Wir haben ein großes Angebot und eine rückläufige Nachfrage. Und das auch in Märkten, die bisher stets von einem Nachfrageüberhang gekennzeichnet waren. So etwa in den beliebten Hamburger Vierteln Eimsbüttel und Eppendorf: Hier haben Interessierte im letzten Jahr stets nur sehr wenige Kaufobjekte für sehr kurze Zeit auf ImmoScout & Co. gefunden. Und die Immobilien hatten nach vier bis sechs Wochen neue Besitzer:innen. Das galt sowohl für die Kapitalanlage für 200.000 Euro also auch die Eigentumswohnung für zwei Millionen Euro. Inzwischen ist das Angebot in diesen Vierteln durchaus üppig. Und wir haben stattdessen Vermarkungszeiten von sechs bis neun Monaten oder sogar einem Jahr.

Und der Grund für die Kaufzurückhaltung sind die gestiegenen Zinsen und die so erschwerte Finanzierung?

Constanze Zumbaum: Ja, denn die Immobilienpreise müssen sich vielerorts erst noch auf ein Niveau einpendeln, das die aktuelle Zinslage reflektiert. Das heißt konkret: Viele Eigentümer:innen bieten ihre Objekte noch zu hochpreisig an, weil sie sich an den Marktverhältnissen von 2021 und der ersten Hälfte von 2022 orientieren. Aber diese extrem hohen Preise können Kaufende nun eben nicht mehr durch sehr günstige Finanzierungen ausgleichen. Deshalb ist vielen der Immobilienkauf zurzeit nicht möglich.

Verhandeln Kaufinteressierte nun härter?

Constanze Zumbaum: Ja, das ist so. Eine Auswertung unserer Angebots- und Verkaufspreise der letzten beiden Jahre hat ergeben, dass sich die Preisnachlässe innerhalb von 2022 vervierfacht haben. Das ist aber der bundesweite Schnitt.

Hohe Preisabschläge sind zurzeit möglich

Verkäufer:innen von Objekten in gefragten Lagen sind zögerlicher bei Nachlässen, denn bis vor kurzem waren Wohnung oder Haus schließlich noch stark nachgefragt. Aber es nützt nichts, wenn die Kaufklientel diese Preise nicht finanzieren kann.

Wie reagieren Verkäufer auf die veränderte Marktsituation?

Constanze Zumbaum: Zurzeit kommt es häufiger vor, dass Eigentümer Makler:innen wechseln wollen, weil sie unzufrieden mit deren Vermarktungsleistungen sind – der Verkaufsprozess dauert inzwischen eben deutlich länger. Und wenn diese Verkaufswilligen dann zu mir kommen und sich über die Kolleg:innen beklagen, muss ich häufig sagen: Das ist ein gutes Exposé mit tollen Fotos, es liegt nicht an den Kolleg:innen, dass der Immobilienverkauf nicht klappt. Sondern der Angebotspreis ist zu hoch und passt nicht zur Marktsituation. Aber auf ihre Preisvorstellungen bestehen viele Eigentümer:innen.

Angebotspreise müssen sich noch auf veränderte Marktpreise einpendeln

Natürlich spielt aber immer die persönliche Situation der Verkaufenden eine Rolle: Diejenigen, die unter Druck stehen zu verkaufen, etwa aus persönlichen Gründen wie Trennungen, lassen sich eher auf Preisabschläge ein. Zurzeit habe ich es zudem öfter mit Eigentümer:innen zu tun, deren Finanzierungen noch laufen, bei denen aber die Zinsbindung ausläuft. Die neuen Kreditkonditionen können sie sich jedoch nicht leisten und müssen verkaufen.

Auch Senioren, die im lastenfreien Eigentum leben, fragen immer häufiger die Möglichkeit eines Teilverkaufs bzw. eines Verkaufs mit lebenslangem Wohnrecht nach. Denn wenn eine größere Sanierungsmaßnahme ansteht, etwa eine neue Heizung eingebaut werden muss, können sie diese Maßnahmen häufig nicht finanzieren. Die Rente reicht nicht aus, Rücklagen sind nicht vorhanden und Kredite werden nicht mehr bewilligt. Deshalb suchen sie nach Modellen, die es ermöglichen, in ihren vier Wänden wohnen zu bleiben und Kapital aus der Immobilie zu generieren.

Was ist Verkäufern in der aktuellen Marktsituation zu raten?

Constanze Zumbaum: Wer verkaufen muss oder möchte, sollte sich die Preissteigerung anschauen, die seit Erwerb stattgefunden haben. Denn die Gewinne über die gesamte Zeit sind in der Regel beachtlich, die aktuellen Preiskorrekturen angesichts der Preisentwicklung der letzten 10 Jahre vergleichsweise gering.

Trotz Preiskorrekturen machen Verkäufer:innen meist hohe Gewinne

Damit die Eigentümer ein realistisches Bild der Marktsituation erhalten, rechen ich ihnen außerdem vor, welche Belastungen Kaufende mit der neuen Zinssituation zu tragen haben, selbst bei hoher Eigenkapitalquote. Dann klickt es doch bei vielen Verkäufern, denn die abstrakte Marktsituation wird greifbar.

Und was ist auf der anderen Seite Käufern zu raten?

Constanze Zumbaum: Wer kaufen möchte und über Eigenkapital verfügt, sollte jetzt zugreifen. Denn es sind zum Teil erheblich Preisabschläge möglich. Und findigen Kaufinteressenten ist das auch bewusst: Derzeit bekomme ich als Reaktion auf ein Inserat etwa für eine sanierungsbedürftige Altbauwohnung für 295.000 Euro direkt Mails mit einem Kaufangebot für 230.000 Euro. Das ist ein Abschlag von 22 Prozent! Ich teile solche Angebote den Eigentümern mit, um Transparenz zu schaffen. Bei einer frisch inserierten Immobilie ist das aber natürlich keine Option für die Verkaufenden. Wenn das Objekt allerdings schon länger keine Käufer:innen findet und die Eigentümer die Wohnung loswerden müssen, dann kann man mit dem Interessenten in Verhandlung gehen. Denn wie gesagt, zurzeit ist viel möglich!

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