Expertenrat: Das Widerrufsrecht bei Maklerverträgen
Seit einiger Zeit tauchen in den Medien häufiger Artikel auf, die suggerieren, dass eine Vielzahl von Kunden von Immobilienmaklern ein Anspruch auf Rückerstattung der Maklercourtage hätte. Grund dafür seien fehlerhafte oder fehlende Widerrufsbelehrungen. Immobilienanwältin Ricarda Breiholdt klärt auf, was dran ist.
immoverkauf24: Was sind häufige Fallstricke bei Makler-Verträgen?
Ricarda Breiholdt: Zunächst einmal gilt, zwischen Käufer-Maklerverträgen und Verkäufer-Maklerverträgen zu unterscheiden. Bei Maklerverträgen zwischen Verkäufern und Maklern gibt es weniger Fallstricke, denn die Parteien begegnen sich in der Regel bei der Immobilienbesichtigung und schließen erst anschließend einen Vertrag ab.
Das Widerrufsrecht ist hauptsächlich für Verträge zwischen Maklern und Käufern relevant
Bei Verträgen mit Käufern liegt der Fall jedoch anders: Die Parteien begegnen sich häufig zunächst nicht persönlich und haben nur telefonisch oder per E-Mail Kontakt. Dann gilt es für den Makler, eine Reihe von gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen und dabei ergeben sich immer wieder Probleme.
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immoverkauf24: Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es bei Käufer-Maklerverträgen?
Ricarda Breiholdt: Häufig nimmt ein Kaufinteressent Kontakt mit einem Makler über dessen Homepage oder ein Immobilienportal auf, weil ihn eine vom Makler inserierte Immobilie interessiert. Dann erfolgt der Abschluss des Vertrags, durch den die Parteien den Provisionsanspruch des Maklers im Falle des Kaufs fixieren, in der Regel in Textform. Dabei handelt es sich also um keine Erklärung in Schriftform, bei der beide Parteien ihre Unterschrift unter ein Dokument setzen. Der Vertragsschluss in Textform kann hingegen durch eine einfache Erklärung, zum Beispiel per E-Mail, Fax, SMS oder WhatsApp geschehen: Etwa wenn ein Kaufinteressent über ein Immobilienportal einen Makler kontaktiert. Dann ist das Provisionsverlangen in der Regel im Exposé oder auf der Homepage klar ausgewiesen – auch das ist eine Aufklärungspflicht des Maklers. Der Interessent akzeptiert schon durch seine Anfrage die Bedingungen des Maklers – eben dass dieser im Falle des späteren Kaufvertragsabschlusses seine Maklerprovision erhält. In solchen Fällen liegt ein Fernabsatzgeschäft vor, weil der Vertragsschluss nicht in den Geschäftsräumen des Maklers, sondern beispielsweise per Mail geschieht.
Bei fehlenden oder fehlerhaften Widerrufsbelehrungen verlängert sich die Frist auf ein Jahr und 14 Tage
Und für solche durch Fernabsatzgeschäft geschlossenen Verträge gilt für private Verbraucher seit 2014 das Widerrufsrecht: Verbraucher können Verträge, die sie übers Internet, per E-Mail, Telefon oder Brief abgeschlossen haben, innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Und darüber müssen sie vom jeweiligen Makler ebenfalls informiert werden. Wenn also ein Interessent einen Makler kontaktiert, weil er sich für eine bestimmte Immobilie interessiert, muss der Makler dem Interessenten eine Widerrufsbelehrung zukommen lassen. Geschieht dies nicht oder kommt die Belehrung aus irgendeinem Grund nicht an, verlängert sich die Frist auf ein Jahr und 14 Tage.
immoverkauf24 Info: EU-Richtlinie zum Widerrufsrecht bei Maklerverträgen
Seit dem 13. Juni 2014 gilt die EU-Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU, die Verbrauchern den Widerruf von Maklerverträgen ermöglicht. Seither müssen Makler Verbrauchern eine Belehrung zukommen lassen, durch die sie auf die Möglichkeit des Widerrufs des Maklervertrages innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss hingewiesen werden. Die Verbraucherrechterichtlinie gilt für Maklerverträge, wenn die folgenden Voraussetzungen gegeben sind:
- Es handelt sich um einen Fernabsatzvertrag, der per Fax, Internet, Mail, SMS, WhatsApp, telefonisch oder per Brief und nicht in den Geschäftsräumen des Maklers geschlossen wurde.
- Der Vertrag wird zwischen einem Verbraucher und einem Makler-Unternehmen geschlossen. Als Verbraucher gelten nur natürliche Personen, die im Rahmen der privaten Bedarfsdeckung einen Kaufvertrag abschließen. Findet der Vertragsschluss zwischen zwei Unternehmen statt, greift das Widerrufsrecht nicht.
Will der Verbraucher innerhalb der 14 Tage dieses Recht nutzen, reicht dafür eine formlose aber eindeutige Erklärung z.B. per Brief, Fax oder Mail gegenüber dem Makler aus, dass er den Maklervertrag widerrufen möchte. Ziel der Richtlinie ist eine einheitliche Handhabung von Dienstleistungsverträgen zwischen Unternehmen und Verbrauchern in den EU-Mitgliedsstaaten und mehr Transparenz für Verbraucher.
immoverkauf24: Und welche Probleme wirft dieses Verfahren in der Praxis häufig auf?
Ricarda Breiholdt: Ist die Immobilie in einem Portal inseriert, wird die Belehrung häufig von diesem automatisiert als Antwort auf eine Kontaktanfrage versendet. Aber: Das birgt ein großes Risiko für den Makler. Denn er kann im Zweifel nicht nachweisen, dass die Belehrung auch wirklich beim Interessenten angekommen ist. Zwar sind viele Portale bereit, den Nachweis zu erbringen, dass sie die Belehrung übermittelt haben. Das nützt jedoch bei Streitfällen nicht immer etwas. Denn die Makler müssen nachweisen, dass die Widerrufsbelehrung wirklich beim Verbraucher angekommen sind – und das kann schwierig sein.
immoverkauf24: Was können Makler tun, um sicherzustellen, dass Verbraucher die Widerrufsbelehrung auch tatsächlich erhalten haben?
Ricarda Breiholdt: Viele Makler schicken deshalb noch einmal selbst die notwendigen Informationen raus – also etwa ein Kurzexposé mit dem Hinweis, dass ein Provisionsanspruch erst bei Ankauf entsteht und noch einmal eine Widerrufsbelehrung. Wenn dies per Mail verschickt wird, gibt es ja auch die Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern.
Wie Makler sich versichern können, dass die Kunden die Widerrufsbelehrung auch tatsächlich erhalten haben
Andere Makler lassen sich eine Bestätigung der Interessenten geben, dass sie über Provisionsanspruch und Widerrufsmöglichkeit belehrt wurden. Oder Kunden kommen nur auf die entsprechende Seite der Makler-Homepage mit den Details zum Objekt oder erhalten ein PDF mit Exposé, wenn sie ein Häkchen gesetzt haben, dass sie die Widerrufsbelehrung erhalten haben. Oder Makler händigen den Interessenten vor einer Besichtigung noch einmal Belehrung & Co. aus.
immoverkauf24: Hat sich seit der EU-Richtlinie zum Widerrufsrecht bei Maklerverträgen etwas verändert?
Ricarda Breiholdt: Ja. Zwar sehen auch viele Juristen das Widerrufsrecht bei Maklerverträgen kritisch. Denn die Maklerprovision wird ja nur im Erfolgsfall fällig und die Leistungen der Makler sind deshalb im eigentlichen Sinne keine Dienstleistungen. Jedoch hat sich seitdem die Zahl der Streitfälle stark dezimiert, bei denen es allein um die Frage des Abschlusses eines Maklervertrags gegangen ist – in Sachen Transparenz also durchaus eine Verbesserung.
immoverkauf24: Es gibt einige Artikel in den Medien, die suggerieren, dass viele Käufer einen Anspruch auf die Rückerstattung der Provision haben. Sind fehlerhafte Widerrufsbelehrungen tatsächlich ein häufiges Problem?
Ricarda Breiholdt: Wegen der zunehmenden Aufklärung über das Recht sind fehlende Widerrufsbelehrungen inzwischen eher die Ausnahme und auch Fehler kommen nicht mehr so häufig vor. Die Richtlinie gilt ja nun schon seit 2014 und seither haben die meisten Makler ihre Verfahren zur Übermittlung der Widerrufsbelehrung gut organisiert. Das mussten sie ja auch. Aber wenn doch tatsächlich mal eine Widerrufsbelehrung fehlt oder sie inhaltlich fehlerhaft ist, dann verlängert sich die Frist für den Widerruf wie gesagt auf ein Jahr und 14 Tage. Und das kann bedeuten, dass der Maklervertrag auch nach dem Erwerb und der Zahlung der Provision widerrufen werden kann. Dann könnten die Verbraucher die Provision tatsächlich zurück erhalten.