Corona-Krise & Mietrecht: Diese Rechte und Pflichten haben Mieter und Vermieter jetzt
Neben der Stundung von Mietzahlungen, die Corona-bedingt ausfallen, gelten für einige Situationen zwischen Mietern und Vermietern Sonderregeln während der COVID 19-Pandemie. Andererseits gilt jedoch auch in vielen Fällen gleiches Recht wie bisher. Hier die Antworten auf zurzeit häufig aufkommende Fragen von Mietern und Vermietern.
Was gilt bei Corona-bedingten Ausfällen von Mietzahlungen?
Zahlungsunfähige Mieter können während der Corona-Krise zeitweise vor Kündigungen geschützt sein. Dies trifft dann zu, wenn Mietausfälle zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 entstehen und die COVID-19-Pandemie Grund für die Zahlungsunfähigkeit ist. Die Zahlungsverpflichtung ist jedoch nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben. Vermieter können ihren Mietern zudem Verzugszinsen berechnen. Mehr Informationen zum Corona-bedingten Kündigungsschutz von Immobilienanwälting Ricarda Breiholdt.
Gelten während der Corona-Krise Sonderregelungen bei Mieterhöhungen?
Nein, auch während der COVID-19-Pandemie gelten bei Mieterhöhungen die gleichen gesetzlichen Regelungen wie bisher. Die Rahmenbedingungen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) definiert und ermöglichen Mieterhöhung etwa nach Modernisierungen, bei Indexmietverträgen oder Staffelmietverträgen oder bei Unterschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die sogenannte Kappungsgrenze und die in einigen Regionen gültige Mietpreisbremse regulieren die Mieterhöhungen außerdem. Erhöht ein Vermieter die Miete also auf Basis solcher gesetzlichen Maßgaben, sind Mieter auch zurzeit zur Zahlung verpflichtet. Und zwar auch, wenn sie die Miete wegen Zahlungsunfähigkeit stunden.
Sind Mietminderungen wegen Corona-bedingten Beeinträchtigungen möglich?
Das kommt darauf an, welcher Art die Einschränkungen sind:
Ist die Nutzung der Mietsache – also der Wohnung – etwa durch nicht zeitnah stattfindende Reparaturen beeinträchtigt, kann der Mieter eine geminderte Miete zahlen. Wesentlich für dieses Recht ist nicht, ob der Vermieter für die nicht behobenen Mängel verantwortlich ist. Es kann sich auch um Schäden an Leitungen außerhalb der Wohnung handeln, so dass Wasser- und Energieversorgung beeinträchtigt sind. Wesentlich ist, dass die Mängel erheblich sind und der Mieter die Wohnung nicht so nutzen kann, wie vertraglich vereinbart.
Unterschiedlich bewerten Mietrechtler den Umstand, wenn z.B. ein zum Grundstück gehörender Spielplatz oder Gemeinschaftsbereich gesperrt wurde. Ist die Nutzung des Spielplatzes im Mietvertrag vereinbart, liegt bei Sperrung nach Meinung von Mieterverbänden ein Mangel der Mietsache vor. Dafür würde es keine Rolle spielen, dass die Einschränkung durch eine behördliche Maßnahme erfolgt ist. So hätten Gerichte in der Vergangenheit eine Mietminderungsquote von bis zu fünf Prozent anerkannt.
Andere Rechtsexperten sehen in solchen Fällen hingegen kein Recht für Mietminderungen, da sie solche Mängel als unerheblich einstufen. Beharren Mieter auf Mietminderungen, müssen letztendlich Gerichte im Einzelfall entscheiden.
Unstrittig ist hingegen die Frage, ob eine Mietminderung bei einer Corona-Erkrankung eines Hausbewohners oder Nachbarn angebracht ist. Hier ist die Antwort definitiv: Nein, da dies keinen Mangel der Mietsache darstellt.
Müssen Mieter den Vermieter oder Handwerker in die Wohnung lassen?
Auch dabei hängt die Antwort davon ab, wie dringlich der Zutritt von Vermieter oder Handwerker ist. Denn es gilt das Eigentumsrecht des Vermieters mit dem Recht des Mieters auf Privatsphäre abzuwägen. Im Zuge der Corona-Krise ist der Schutz des Mieters auf körperliche Unversehrtheit zu beachten. So sind Besichtigungen, die nicht zwingend z.B. wegen eines Mieterwechsels stattfinden müssen, auf Nach-Corona-Zeiten zu verschieben. Steht hingegen Neuvermietung oder Immobilienverkauf an und zählen die Mieter nicht zur Risikogruppe, müssen sie ggf. Wohnungsbesichtigungen von Einzelpersonen dulden.
Dringende Reparaturen, etwa wegen eines Rohrbruchs oder anderer gravierende Schäden, müssen umgehend behoben werden und Mieter deshalb Zugang zur Wohnung gewähren.
Den Zutritt von Dritten zur Ablesungen von Heizkostenverteilern oder Strom- und Gaszählern können Mieter einfach vermeiden, in dem sie Zahlen selbst ablesen und an das jeweilige Unternehmen schicken oder die Daten notieren und an die Wohnungstür kleben.
Können Vermieter während der Corona-Pandemie Modernisierungsarbeiten durchführen?
Viele Vermieter verschieben die Umsetzung von Modernisierungsarbeiten derzeit, um Mieter, die den damit einhergehenden Störungen wenig ausweichen können, nicht zu belasten. Sollen die Arbeiten dennoch stattfinden, gilt es zu prüfen, ob eine Mietpartei einer „Hochrisikogruppe“ angehört. In solchen Fällen könnten Arbeiten, die in der Wohnung stattfinden, unzumutbar sein. Und auch Umzüge in Ersatzwohnungen sind nur dann akzeptabel, wenn die Mieter nicht zur Risikogruppe gehören, ein Fachunternehmen den Umzug durchführt und streng auf Hygieneauflagen achtet.
Können Mieter einen bereits unterschriebenen Mietvertrag wegen Corona-bedingter Umstände auflösen?
Einen bereits unterschriebenen Mietvertrag können Mieter nicht mit Berufung auf das Corona-Virus ohne Kündigungsfrist auflösen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist jedoch ein Widerruf möglich: Dies ist der Fall,
- wenn der Vermieter ein Unternehmer im Sinne von § 14 BGB ist, er mindestens zwei Wohnungen vermietet
- und der Mietvertrag per Brief, E-Mail, Telefon oder über andere Fernkommunikationsmittel geschlossen wurde.
Dann liegt ein Fernabsatzgeschäft vor, was in Zeiten der Corona-Pandemie durchaus häufiger vorkommen kann, und es gilt ein Widerrufsrecht für Verbraucher von 14 Tagen. Haben die Mieter bei Vertragsschluss keine Widerrufsbelehrung erhalten, verlängert sie ihr Widerrufsrecht auf 12 Monate und 14 Tage.
Müssen Mieter auch bei Erkrankung wie geplant ausziehen?
Steht für einen Mieter nach einer regulären Kündigung der Auszug an, er ist jedoch am COVID-19 erkrankt und steht unter Quarantäne, kann der Vermieter während der Erkrankung den termingerechten Auszug nicht verlangen. Denn auch vor der Corona-Krise galt schon im Vollstreckungsrecht: Das Recht des Mieters auf körperliche Unversehrtheit hat Vorrang vor dem Räumungsinteresse des Eigentümers. Und da während der Pandemie gilt, dass unnötige Kontakte zu vermeiden sind, in besonderem Maße bei Erkrankung, können betroffene Mieter – auch zum Schutz anderer – nicht zum Auszug verpflichtet werden. Für die Zeit, die sie länger in der Wohnung verbleiben, müssen die Mieter aber natürlich Miete zahlen.
Was gilt, wenn der Auszug wegen anderer Corona-bedingter Umstände nicht möglich ist?
Ist absehbar, dass Mieter wegen ausfallender Umzugshelfer oder nicht bezugsfertiger Anschlusswohnungen die alte Wohnung nicht rechtzeitig räumen können, sollten sie so schnell wie möglich mit dem Vermieter Kontakt aufnehmen. Es gilt dann zu klären, ob und wie lange der Mieter in der Wohnung verbleiben kann. Können sich die Parteien nicht einigen, kann der Vermieter die „festsitzenden“ Mieter jedoch nicht eigenmächtig zur Räumung zwingen. Dies ist erst dann möglich, wenn der Vermieter sich einen sogenannten Räumungstitel nach Erhebung einer Räumungsklage vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht verschafft hat. Dabei ist zu beachten, dass sich die Räumung auf alle in der Wohnung lebenden Personen bezieht, die im Mietvertrag genannt sind, das gilt auch für Untermieter.
Was gilt, wenn der Einzug in eine neue Wohnung Corona-bedingt nicht möglich ist?
Derzeit ist es für Neumieter und Vermieter äußerst ratsam, sich rechtzeitig vor Umzug auszutauschen, ob der Mietbeginn wie geplant verlaufen kann.
Sollte sich der Mietbeginn verzögern, weil der bisherige Mieter wegen Erkrankung die Wohnung nicht rechtzeitig räumt, müssen Neumieter erst ab dem Tag Miete zahlen, an dem sie die Wohnung tatsächlich beziehen können.
Können Mieter die neue Wohnung nicht rechtzeitig beziehen, weil sie selbst wegen Erkrankung oder ausgefallenen Umzugshelfern den Termin nicht wahrnehmen können, hat der neue Vermieter hingegen trotzdem Anspruch auf Zahlung. Dass der Umzug aufgrund des Corona-Virus nicht wie geplant stattfinden konnte, spielt dafür keine Rolle.
Sind Umzüge überhaupt möglich? Und wenn ja, in welchem Rahmen?
Grundsätzlich sind Umzüge auch während der Kontaktbeschränkungen möglich, wenn die neue Immobilie bezugsfertig bzw. frei ist und das beauftragte Umzugsunternehmen arbeitet. Jedoch sollten alle beteiligten Parteien in Gespräch bleiben, um sich über ggf. auftretende Hindernisse sofort austauschen zu können. Wird der Umzug nicht mit einem Unternehmen, sondern privat organisiert, müssen die Helfer zur Familie oder zur bisherigen Wohngemeinschaft zählen.
Zwangsräumungsverfahren: Gibt es Aufschübe oder Aussetzungen während der Corona-Krise?
Zwangsräumungen können auch während der Corona-Pandemie stattfinden, es gibt durch Kontaktbeschränkungen & Co. keine Sonderregelungen für Betroffene. Allerdings ist bei solchen Verfahren darauf zu achten, dass die betroffenen Mieter genügend Zeit haben, eine Anschlusswohnung zu finden. So verlängerte das Landgerichts Berlin in einem aktuellen Urteil (Az. 67 S 16/20) die Räumungsfrist auf Antrag der Mieter um drei Monate. Die Begründung: Aufgrund der Corona-Krise sei die Wohnungssuche derzeit erschwert, da kaum Besichtigungen stattfänden und generell weniger Wohnungen auf dem Markt seien.