So teuer wird es nach der Reform der Grundsteuer in Ihrem Bundesland
Eigentlich sollte die ab 2025 geltende Grundsteuerreform für mehr Einfachheit und Einheitlichkeit in Deutschland sorgen. Doch wie sich herausstellt, wollen nicht alle Bundesländer zukünftig das Bundesmodell anwenden. Zuletzt hat Hamburg am 16. März 2021 einen eigenen Gesetzesentwurf beschlossen, der noch abschließend von der Bürgerschaft beraten werden muss. Während Baden-Württemberg bereits eine eigene Regelung gefunden hat, stecken andere Länder weiterhin in den Beratungen für individuelle Berechnungen. Für Immobilienbesitzer bedeutet das: Sie müssen sich auf einen bundesweiten Flickenteppich einstellen, der eine unterschiedliche steuerliche Belastung mit sich bringt. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass jede Kommune die Grundsteuer-Hebesätze selbst festlegen kann.
So wird in der Hansestadt Hamburg zukünftig insbesondere die Lage der Immobilie ausschlaggebend für die Grundsteuerberechnung sein, des Weiteren die Grundstücksfläche sowie die Nutzfläche der Gebäude. Unterschieden wird in „normale“ und „gute“ Wohnlagen, als Orientierung dient der Mietspiegel. Oberstes Ziel des Hamburger Modells: Die Grundsteuer soll auf keinen Fall dafür verantwortlich sein, dass die Wohnkosten weiter in die Höhe schießen. Der Wohnungsmarkt in Hansestadt gilt als angespannt, die Bodenwerte sind zuletzt stark gestiegen.
Auch der Bodenspekulation soll mit der Neufassung des Gesetzes ein Riegel vorgeschoben werden. Wer ein Grundstück brachliegen lässt, obwohl bereits eine Baugenehmigung vorliegt, muss mit einem höheren Hebesatz rechnen. In der Grundsteuerreform wird das als sogenannte Grundsteuer C bezeichnet. Steuerlich begünstigt werden in Hamburg hingegen Wohnanlagen sowie Sozialwohnungen und Häuser unter Denkmalschutz. Weitere Details sollen bis 2024 folgen.
Rund die Hälfte der anderen Bundesländer setzt hingegen das Bundesmodell um. Mehr zu den individuellen Regelungen finden Sie in der News „Reform der Grundsteuer: Das sind die Pläne der Länder“ sowie unten auf dieser Seite. Das Bundesmodell sieht vor, dass für die Berechnung der Grundsteuer der aktuelle Wert der Immobilie mit der Steuermesszahl und dem Hebesatz multipliziert wird. Dabei wird für die Ermittlung des Immobilienwerts die Grundstücksfläche, der Bodenrichtwert, die Art der Immobilie, die Nettokaltmiete sowie das Alter und die Fläche des Gebäudes herangezogen. Die Hebesätze wiederum können die Kommunen nach wie vor eigenständig festlegen, derzeit schwanken sie bundesweit stark: von 0 Prozent bis 1000 Prozent. Der Durchschnittwert liegt bei 378.
Ungewissheit bei den Hebesätzen könnte sich als Knackpunkt entpuppen
Doch genau die Hebesätze könnten zukünftig einer der Knackpunkte sein. Zwar hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) betont, er gehe davon aus, dass die Städte und Gemeinden die Hebesätze für die Grundsteuer B so gestalten würden, dass die Bürger in der Gesamtschau nicht stärker belastet seien als vor der Reform. Was aber tatsächlich vor Ort geschieht, ist ungewiss. Aufgrund der Corona-Krise sind viele Kommunen in Zugzwang geraten. Um ihre finanzielle Situation zu verbessern, war eine Erhöhung der Hebesätze für viele das Mittel der Wahl. So haben etwa ein Drittel der 25 größten Städte Baden-Württembergs für 2021 eine höhere Grundsteuer beschlossen oder planen es. In Tübingen soll zum Beispiel laut Medienberichten der Hebesatz von aktuell 560 auf 660 Prozent steigen.
Da ein Immobilieneigentümer, der seine Wohnung nicht selbst bewohnt, die Grundsteuer bei entsprechend gestaltetem Mietvertrag über die Nebenkostenabrechnung auf seinen Mieter umlegen kann, würden auch für diesen die Wohnkosten steigen – ein Unding, wie der Steuerzahlerbund Baden-Württemberg findet: „Höhere Steuern sind in Krisenzeiten definitiv der falsche Ansatz“, sagte Landeschef Zenon Bilaniuk. Für Mieter werde das Wohnen so noch teurer.
Ähnlich kritisch sieht die Situation in Nordrhein-Westfalen aus, wo sich gemäß einer Studie des Beratungsunternehmens Ernst & Young zur Entwicklung der kommunalen Realsteuern aus dem Herbst 2020 alleine 34 der 50 Kommunen Deutschlands mit den höchsten Hebesätzen befinden. Durchschnittlich liegt der Satz dort bei 546 Prozent, gefolgt von Hessen mit 460 Prozent und Sachsen mit 423 Prozent.
Vor diesem Hintergrund rechnet der Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland Westfalen angesichts der Grundsteuerreform schon mal mit dem Schlimmsten: „Nach dem neuen Grundsteuermodell des Bundes droht Eigentümern und Mietern eine Steuerexplosion.“
immoverkauf24 Info: Die aktuelle Situation
Die Grundsteuer wird derzeit folgendermaßen ermittelt: Nachdem zunächst die Wertermittlung für ein Grundstück oder eine Immobilie erfolgt, wird der Grundsteuerwert mit der Steuermesszahl und dann mit dem Hebesatz multipliziert. Da das Bundesverfassungsgericht dieses Vorgehen 2018 als verfassungswidrig einstufte, weil es auf veralteten Einheitswerten beruhte – derzeit gelten in den Bundesländern noch die alten Grundstückwerte von 1935 (im Osten) bzw. 1964 (im Westen) –, wurde Ende 2019 eine Neuberechnung der Grundsteuer verabschiedet. Sie soll von 2025 an greifen. Bayern hatte jedoch eine Öffnungsklausel in der Grundsteuerreform durchgesetzt, die dafür sorgt, dass jedes Bundesland auch eigene Beschlüsse treffen kann.
Bayern hat diese Öffnungsklausel für ein eigenes Gesetz ebenso wie Baden-Württemberg und Hamburg genutzt, weitere Länder, die individuell verfahren wollen, sind Niedersachsen, Sachsen und Hessen. Das Saarland will eine Mischform zwischen Bundesmodell und eigener Regelung anwenden, während sich Thüringen, Brandenburg, Berlin, Bremen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein vollständig am Bundesmodell orientieren. Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern sind noch unschlüssig.