Grundsteuerreform: Jedes Bundesland darf von der bundesweiten Regelung abweichen!
Nach monatelangen Diskussionen und Streitereien hat die Bundesregierung den Gesetzesentwurf zur Reform der Grundsteuer beschlossen. Die Einigung hat nicht mehr viel mit den ursprünglichen Plänen von Wirtschaftsminister Olaf Scholz gemein, denn durch eine Öffnungsklausel dürfen die Bundesländer die Grundsteuer nach eigenen Maßgaben festlegen.
Bayern hat sich bei den Verhandlungen durchgesetzt
Das Ergebnis ist ein Kompromiss, der nur noch in Ansätzen dem ursprünglichen Konzept von Olaf Scholz entspricht. Vorgesehen ist, dass die Grundsteuer gemäß des "Ertragswertmodells" bzw. des Ertragswertverfahrens berechnet wird, das auf dem Bodenwert und der durchschnittlichen Miete basiert. Jedoch nur, wenn der jeweilige Finanzminister des Landes diese Berechnung für gut befindet. Die bayerische CSU hatte bis zuletzt dafür gekämpft, dass das vereinfachte „Flächenmodell“ – bei dem einzig die Fläche des Grundstücks maßgeblich für die Grundsteuer ist – angewendet wird. Ermöglicht wird dieses Vorgehen durch eine Öffnungsklausel, die im Koalitionsausschuss beschlossen wurde. Laut diesem „wird den Ländern für die Grundsteuer das Recht zu abweichenden Regelungen nach Artikel 72 Absatz 3 GG eingeräumt“. So steht es also jedem der 16 Bundesländer frei, ob es die Grundsteuer künftig nach Ertragswertmodell oder dem Flächenmodell berechnen möchte.
Eigentlich hatte Scholz ein Exempel statuieren und zeigen wollen, dass die SPD noch immer für soziale Gerechtigkeit und Gleichheit steht. Den Grundstein dazu hatte er im Februar mit den Finanzministern der Länder gelegt. Die damaligen Eckpunkte sahen vor, dass sich die neue Grundsteuer an folgenden Werten orientieren sollte:
- am Grundstückswert,
- am Baujahr des Gebäudes sowie
- an den durchschnittlichen Nettokaltmieten
Das Modell sollte für mehr Steuergerechtigkeit sorgen und teure Mietimmobilien in exponierter Lage höher besteuern als Einfamilienhäuser in Klein Nordende.
Nur verhaltene Kritik an dem Kompromiss-Gesetz
“Die Kuh ist vom Eis", sagte der kommissarische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel, und gibt damit die pragmatische Haltung der Sozialdemokraten gegenüber dem Kompromiss wieder. Auch Kollegin Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, zeigte sich verhalten aber zuversichtlich und gestand gegenüber der Tagesschau, dass das Ergebnis nicht „das Lieblingsmodell der SPD“ sei, jedoch "ein Kompromiss, den wir für vertretbar halten“.
Die Vertreter vom Deutschen Mieterbund (DMB), dem Eigentümerverband Haus & Grund und dem Immobilienverband Deutschland (IVD) bewerteten das Ergebnis der Koalitionsvereinbarung in seltener Einigkeit zunächst als positiv.
Probleme bei der Umsetzung erwartet jedoch die Deutsche Steuer-Gewerkschaft, da jede zusätzliche Ausnahme durch die Öffnungsklausel die IT-Programmierung komplizierter mache und verlängere.
Bis spätestens 2025, wenn die neue Grundsteuer in welcher Form auch immer erhoben wird, gibt es jedoch noch einige offene Punkte zu klären: Darunter etwa die Frage, wie Verschiebungen durch unterschiedliche Grundsteuerberechnungen aus dem Länderfinanzausgleich herausgehalten werden. Oder ob und wie Mieter von ihrem Vermieter erfahren, wie die Grundsteuer berechnet wird. Oder wie mit Gewerbegrundstücken umzugehen ist, die ganz anderen Kriterien unterliegen.