Immobilienmarkt 2022: Neue Gesetze & Veränderungen für Eigentümer, Käufer und Mieter
Was plant die Ampelkoalition für Immobilieneigentümer, Kaufinteressenten und Mieter? Und wie geht es mit den Bauzinsen und Immobilienpreisen angesichts der jüngsten Inflationstendenzen weiter? Die wichtigsten Themen des kommenden Jahres für Immobilieneigentümer, Käufer und Mieter im Überblick.
Immobilienkauf: Sinkt die Grunderwerbsteuer für Selbstnutzer?
Die neue Bundesregierung will die Erwerbsnebenkosten beim Hausbau und Immobilienkauf reduzieren, um Anreize für die Bildung von Wohnungseigentum zu setzen. Daher sollen die Bundesländer die Möglichkeit erhalten, Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer für den Wohnungskauf einzuführen. In den letzten Jahren hatten viele Länder die rechtlich zulässige Höchstgrenze der Steuer von drei bis 6,5 Prozent des Kaufpreises ausgereizt, was Immobilienkäufer teuer zu stehen kommt. Die Steuer macht den größten Anteil an den Erwerbsnebenkosten beim Hauskauf aus.
Einige Bundesländer haben bereits Pläne für Veränderungen bei der Grunderwerbsteuer bzw. setzen diese bereits um:
- So sollen Immobilienkäufer in Nordrhein-Westfalen (NRW) schon ab dem 1. Januar 2022 beim Ersterwerb einen Teil der anfallenden Steuer zurückerhalten. Junge Familien, Paare und Einzelpersonen, die im Jahr 2022 zum ersten Mal ein Haus oder eine Eigentumswohnung kaufen, erhalten eine gestaffelte Förderung der NRW.Bank. So sollen Käufer von einer indirekten Senkung der Grunderwerbsteuer von über 1,5 Prozentpunkten profitieren. Allerdings ist das Vorhaben auf das Jahr 2022 beschränkt. Anschließend soll der von der Bundesregierung angekündigte Freibetrag für Hauskäufer gelten.
- In Hamburg plant der Senat eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer und gleichzeitig eine Steuerermäßigung Familien, Sozialwohnungen und Erbbaurechtsgrundstücken zum 1. Januar 2023. Die Grunderwerbsteuer soll dann von 4,5 Prozent auf 5,5 Prozent steigen. Sobald der Bund eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer ermöglicht, will Hamburg junge Familien beim Ersterwerb einer selbstgenutzten Wohnimmobilie mit einem ermäßigten Steuersatz von 3,5 Prozent unterstützen.
Grundsteuerreform: Feststellung der Grundstückswerte
Am 01.01.2025 tritt die die neue Grundsteuer in Kraft. Zwar wird diese in vielen Bundesländern in unterschiedlicher Weise erhoben. Jedoch müssen bundesweit die Grundstückswerte neu erhoben werden. Dazu sind Eigentümerinnen und Eigentümer verpflichtet, eine Erklärung zu den Grundstückswerten abzugeben. Dies trifft auch bei Eigentumswohnungen zu, der WEG-Verwalter kann nicht übernehmen. Die Erklärungen sind voraussichtlich bis zum 1. Juli 2022 abzugeben. Maßgeblich sind die Grundstückswerte, die der Besteuerung zugrunde liegen und am 01.01.2022 gelten. Alle Eigentümer haben daher eine Steuererklärung zwischen dem 1. Januar und 31. Oktober 2022 über die Steuer-Onlineplattform ELSTER abzugeben. Derzeit stehen noch nicht in allen Bundesländern Erklärungsvordrucke zur Verfügung. Eigentümer werden voraussichtlich Ende März 2022 durch öffentliche Bekanntmachung aufgefordert, die sogenannte Feststellungserklärung abzugeben. Teil dieser sind Angaben zur Lage des Grundstücks, zur Grundstücksfläche, zum Bodenrichtwert, zur Gebäudeart, zur Wohnfläche und zum Baujahr des Gebäudes.
Die Grundsteuerreform war durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts nötig geworden. Aufgrund von stark veralteten Einheitswerten, die aktuell noch zur Berechnungs der Steuerhöhe herangezogen werden, befand das Gericht die Grundsteuererhebung in ihrer bisherigen Form für verfassungswidrig.
Novellierung der ImmoWertV tritt in Kraft
Bereits Mitte 2021 beschloss das Bundeskabinett die neue Immobilienwertermittlungsverordnung 2021 (ImmoWertV 2021). Ab dem 01. Januar 2022 tritt die Novellierung mit dem Ziel in Kraft, die Ermittlung der Bodenrichtwerte sowie weiterer Wertermittlungsfaktoren für Grundstücke bundeseinheitlich festzulegen. Zudem wurde die Verordnung anwendungsfreundlicher gestaltet: Die Grundsätze zur Immobilienwertermittlung verteilten sich bislang auf sechs Regelungswerke. Ab dem 01.01.2022 werden diese in die überarbeitete Immobilienwertermittlungsverordnung verbindlich integriert. Für weitere Hinweise ohne Regelungscharakter wurden die "Muster-Anwendungshinweise zur ImmoWertV (ImmoWertA)" beschlossen.
Immobilienpreise: Wie geht es 2022 weiter?
In den letzten Jahren hat die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank erheblich dazu beigetragen, dass Kapitalanleger verstärkt in Betongold investieren. Nun kommt auch noch die Inflation als Grund für den Kauf einer Kapitalanlageimmobilie hinzu. Zudem haben die niedrigen Bauzinsen den Boom auf dem Immobilienmarkt befeuert. Und auch die anhaltende Corona-Pandemie hielt Selbstnutzer nicht davon ab, Wohnungen oder Häuser zu kaufen – im Gegenteil: In Speckgürteln und Rändern von Metropolregionen steigen die Immobilienpreise z.T. sogar deutlicher als anderswo, da viele Berufstätige nun auch im Homeoffice arbeiten können und weniger zentral gelegene Wohnorte im Kurs steigen.
Experten gehen davon aus, dass sich die hohe Nachfrage nach Wohnimmobilien auch im kommenden Jahr fortsetzt. Begründet wird dies unter anderem mit der nach wie vor zu geringen Neubautätigkeit, die zuletzt auch durch die pandemiebedingten Lieferengpässen bei Baustoffen gebremst wurde. Ob die Bundesregierung bei anhaltender Pandemie ihre Pläne von 400.000 Neubauten umsetzen kann, ist fraglich.
Zudem sind die Preise von Neubauten für eine Normalverdiener-Klientel häufig nicht leistbar. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stiegen die Kaufpreise allein im zweiten Quartal 2021 gegenüber dem Vorquartal um 3,9 Prozent. Gegenüber dem Vorjahresquartal erreichte der Preiszuwachs mit 10,9 Prozent den höchsten Wert seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000. Inwieweit sich die teils erheblichen Preissprünge der letzten Jahre fortsetzen dürften, ist jedoch noch unklar
Zinsen und Inflation: Werden Immobilienkredite teurer?
Bereits 2021 tendierten die Bauzinsen leicht nach oben, eine wirkliche Trendwende sehen Experten jedoch bisher nicht. Auch 2022 dürften die Zinsen für Immobiliendarlehen niedrig bleiben. Auf ein Rekord-Tief von 0,6 Prozent wie zu Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 sollten Verbraucher auf der Suche nach einer Anschlussfinanzierung jedoch eher nicht spekulieren. Und bislang behält die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Kurs bei, trotz der derzeit ungewöhnlich hohen Inflationsrate von 5,2 Prozent (Stand November 2021). Die Inflationsrate liegt aktuell zwar drei Prozentpunkte oberhalb des Zielwerts von zwei Prozent, doch in Frankfurt zeigt man sich zuversichtlich, dass die Teuerungsrate Anfang des kommenden Jahres deutlich zurückgeht.
Mieten: Ampelkoalition plant mehr Schutzmechanismen
Die neue Bundesregierung plant die Beibehaltung und Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 in angespannten Wohnungsmärkten. In solchen Wohnungsmärkten soll zudem eine gesenkte Kappungsgrenze gelten: Mieten dürfen dann innerhalb von drei Jahren nur noch um 11 Prozent steigen, nicht mehr wie bisher um 15 Prozent. Welche Regionen darunterfallen, entscheidet das jeweilige Bundesland. Zudem plant die Ampelkoalition die Überarbeitung der Regelungen für qualifizierte Mietspiegel, die unter anderem die Verlängerung des Betrachtungszeitraums von sechs auf sieben Jahre vorsieht.
Neubau & Wohnungsgemeinnützigkeit: Steuervorteile sollen ausgeweitet werden
Bauherren sollen nach den Plänen der Ampelkoalition künftig von Steueranreizen profitieren. So ist geplant, die Abschreibungen für Neubauten von zwei auf drei Prozent zu erhöhen.
Zudem soll die 1990 in den alten Bundesländern abgeschaffte Wohnungsgemeinnützigkeit wieder eingeführt werden. Diese verspricht Unternehmen steuerliche Vergünstigungen, wenn sie dauerhaft bezahlbarer Wohnraum schaffen.
Förderung für KfW Effizienzhaus 55 läuft aus
Die Förderung von Neubauten mit dem KfW-Effizienzhaus 55-Standard läuft am 31. Januar 2022 Januar aus. Sie soll durch ein Förderprogramm für den Wohnungsneubau abgelöst werden, bei dem die Treibhausgas-Emissionen pro Quadratmeter Wohnfläche maßgeblich sein werden. Weitere Infos zu KfW-Darlehen.
Hausbau: Mehr zahlen, Lieferengpässe einplanen, Solardachpflicht
Bedingt durch die Corona-Pandemie kam es zuletzt auf vielen Baustellen zu erheblichen Verzögerungen beim Baufortschritt. Zudem sind die Baukosten rasant gestiegen. So meldete das Statistische Bundesamt für den August 2021 mit 12,6 Prozent den höchsten Baukostenanstieg seit 1970 gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Rechnet man den Sondereffekt der gesenkten Mehrwertsteuer heraus, fiel der Preiszuwachs mit 9,7 Prozent dennoch sehr hoch aus. An dieser Situation dürfte sich nach Einschätzung von Experten auch bis weit ins kommende Jahr hinein nichts ändern. Bauherren müssen sich daher voraussichtlich weiterhin auf Verzögerungen beim Baufortschritt sowie hohe Baustoffpreise einstellen.
Aus einem weiteren Grund dürfte es zukünftig noch teurer für Bauherren werden: In einigen Bundesländern greift ab 2022 die Solardachpflicht.
Das heißt, wer eine Immobilie neu baut oder modernisiert, muss eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installieren. Die Kosten müssen die Eigentümer zwar selbst tragen, es gibt jedoch Fördermöglichkeiten beispielsweise durch die EEG-Vergütung. Umgesetzt wird die Solardachpflicht 2022 in folgenden Bundesländern:
- In Baden-Württemberg ab 1. Januar 2022 bei neuen Nichtwohngebäuden, ab 1. Mai 2022 bei neuen Wohngebäuden sowie ab 1. Januar 2023 bei grundlegenden Dachsanierungen
- In Nordrhein-Westfalen ab 1. Januar 2022 bei neuen Parkflächen mit mehr als 35 Stellplätzen
- In Schleswig-Holstein ab 1. Januar 2022 bei neuen Parkflächen mit mehr als 100 Stellplätzen und auf geeigneten Dächern bei Neubau und Renovierung von mehr als 10 Prozent der Dachfläche von Nichtwohngebäuden
Weitere Länder sehen eine Solardachpflicht erst ab 2023 vor oder stecken noch in den Planungen.
Heizkosten: Was ändert sich hier in 2022?
Heizen wird 2022 teurer – und das aus zwei Gründen:
- 1. Auf Mieter 2022 kommen steigende Kosten aufgrund der CO2-Abgabe zu. Bis Juni des Jahres müssen Mieter diese Abgabe alleine tragen. Anschließend soll sie nach Plänen der Ampelkoalition anteilig auf Mieter und Vermieter verteilt werden. Maßgeblich für die Verteilung soll der energetische Standard des Hauses sein. Ist ein solches Modell bis Mitte des Jahres nicht umsetzbar, sollen zunächst die Kosten je zur Hälfte von Mietern und Vermieter getragen werden.
- 2. Die Energiepreise sind in den letzten Monaten erhebliche gestiegen, was teilweise zu starken Preissteigerungen bei den Gasanbietern geführt hat. Konnte etwa ein 130-Quadratmeter-Haus in Hamburg mit einen Gasverbrauch von 16.000 Kilowattstunden 2021 noch für rund 80 Euro monatlich beheizt werden, sind es bei aktuellen Gasverträgen eher 150 Euro. Inwieweit das hohe Preisniveau von Dauer sein wird, bleibt abzuwarten.
Darüber hinaus ist bereits am 1. Dezember 2021 die Heizkostenverordnung (HeizKV) in Kraft getreten. Dabei handelt es sich um eine Umsetzung der EU-Energieeffizienrichtlinie. Die Verordnung besagt im Wesentlichen, dass Zähler und Heizkostenverteiler, die von Dezember 2021 an eingebaut wurden, fernablesbar sein müssen. Eine Ausnahme besteht, wenn nur ein einzelnes Gerät eines ansonsten nicht-fernablesbaren Gesamtsystems ausgetauscht werden muss. Bis 2026 müssen allerdings alle vorhandenen Messgeräte mit einer fernablesbaren Funktion nachgerüstet oder durch neue Geräte ersetzt werden - sofern besondere Umstände das nicht verhindern oder der Aufwand unangemessen hoch wäre.
Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG)
Am 1. Dezember 2021 trat das novellierte Telekommunikationsgesetz (TKG) in Kraft, das Verbrauchern ein Recht auf schnelles Internet zuspricht. Mitte 2022 soll zudem der Anspruch auf bessere Festnetzverbindungen folgen. Die Umlagefähigkeit des TV-Anschlusses über die Nebenkostenabrechnung ist abgeschafft, das neu eingeführte Glasfaserbereitstellungsentgelt ist nur unter bestimmten Voraussetzungen umlagefähig. So muss etwa gewährleistet sein, dass Mieter den Anbieter des Glasfaseranschlusses frei wählen können. Auch gemeinschaftliche Sat-Anlagen können nach dem neuen Gesetz nicht mehr über die Betriebskosten auf Mieter umgelegt werden. Für neu errichtete Hausverteilnetze ist keine Umlage möglich, wenn diese nach dem 1. Dezember 2021 erstellt oder fertiggestellt werden. Bei Bestandsimmobilien ist eine Übergangsfrist vorgesehen, erst ab dem 1. Juli 2024 sind die TV-Kosten nicht mehr umlagefähig.
Immobilienkauf nur noch ohne Bargeld?
Mit einem Batzen Bargeld eine Immobilie kaufen? Das war bisher tatsächlich möglich, doch damit soll nach den Plänen der Ampelkoalition bald Schluss sein: So soll der Immobilienkauf mit Bargeld künftig verboten sein, um Geldwäsche zu erschweren. Zudem soll ein Nachweis für die Versteuerung bei gewerblichen und privaten Immobilienkäufen aus dem Ausland eingeführt werden.
WEG-Reform: Anspruch auf zertifizierten WEG-Verwalter
Am 26. November 2021 hat der Bundesrat die geplante Rechtsverordnung über die Zertifizierung von WEG-Verwaltern abgesegnet. Sie sieht vor, dass Wohnungseigentümer ab dem 1. Dezember 2022 die Bereitstellung eines zertifizierten Verwalters verlangen können. Gemäß der Rechtsverordnung ist für die Zertifizierung eine Prüfung durch den zuständigen IHK-Prüfungsausschuss der Industrie- und Handelskammer erforderlich. Ausgebildete Immobilienkaufleute sowie geprüfte Immobilienfachwirte müssen diesen Nachweis hingegen nicht erbringen, da sie bereits eine Qualifikation erworben haben.
Der Koalitionsvertrag sieht zudem die Einführung eines Sachkundenachweises für WEG-Verwalter und Immobilienmakler vor. Sollte dieser umgesetzt werden, wäre die neue Zertifizierung nach Einschätzung des Immobilienverbands IVD obsolet.
Für Wohnungseigentümer und -verwalter: Zensusgesetz 2022
2022 wird die nächste Volkszählung durchgeführt, die aufgrund der Corona-Pandemie um ein Jahr verschoben wurde. Gemäß Zensusgesetz müssen Eigentümer und Hausverwalter Auskunft über vermietete Wohnungen geben. Aus datenschutzrechtlichen Gründen müssen sie gemäß der Vorgaben durch Artikel 13 DSGVO den Mietern mitteilen, dass ihre Daten an die Statistischen Ämter von Bund und Ländern weitergegeben werden, sofern dies nicht bereits im Mietvertrag vereinbart wurde.