Kreditvertrag Widerrufsrecht: Dieser Satz macht es möglich!
Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) gibt zahlreichen Verbrauchern die Möglichkeit, ihr Immobilien-Darlehen rückwirkend zu widerrufen. Das kann im optimalen Fall eine Ersparnis von mehreren Tausend Euro bedeuten.
Im Laufe der Jahre gab es vermehrt Beanstandungen verschiedener Klauseln in Darlehensverträgen für den Immobilienkauf. So hat der BGH jüngst eine Widerrufsinformation der Sparda-Bank für ungültig erklärt. Im aktuellen Urteil vom 04.06.2019 (AZ: XI ZR 331/17) wird speziell die Erweiterung einer Widerrufs-Formulierung beanstandet, in der es heißt:
„Die Frist beginnt (...) erhalten hat, aber erst, nachdem der Darlehensgeber seine Pflichten aus § 312g Absatz 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 246 § 3 EGBGB erfüllt hat.“
Widerrufsbelehrung der Bank gilt für Online-Verträge – auf Immobilienkredite trifft das meist nicht zu
Der Haken: Der genannte Gesetzestext bezieht sich ausschließlich auf online abgewickelte Verträge bzw. Abschlüsse im elektronischen Zahlungsverkehr. Dies trifft auf Immobilienkredite in der Regel jedoch nicht zu. Zumindest eine Unterschrift muss vor Ort getätigt werden – damit findet die Abwicklung nicht ausschließlich online statt. Somit wären zahlreiche Verträge, die diesen Text enthalten, rückwirkend widerrufbar. Laut Auskünften der „Interessengemeinschaft Widerruf“ betrifft die vom BGH beanstandete Formulierung vor allem Kreditverträge der Volksbanken, Raiffeisen-Banken, Sparda-Banken und PSD-Banken im Zeitraum vom 11.06.2010 bis 20.03.2016.
In einem früheren Fall, der ebenfalls den Widerrufsjoker betrifft, steht ein wegweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) noch aus. Betroffen sind nahezu alle Baufinanzierungen, die nach Juni 2010 unterschrieben wurden. Dabei geht es für Banken und Sparkassen um Verluste in Höhe von 1,2 Billionen Euro (wir berichteten), falls der EuGH im Sinne der Verbraucher entscheiden sollte. Zankapfel ist die Formulierung:
Eine EuGH-Entscheidung zum Widerrufsjoker steht noch aus – sie wäre noch weitrechender
„Die Frist beginnt nach Vertragsschluss, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.”
Die entscheidende Frage: Kann der Kreditnehmer anhand der Formulierung der Widerrufsbelehrung einwandfrei bestimmen, wann die Widerrufsfrist seines Darlehens konkret beginnt bzw. endet? Verbraucherschützer bemängeln den schwammigen Text schon seit Jahren. Der BGH hingegen hielt ihn bisher für zumutbar. Der EuGH gilt jedoch als traditionell verbraucherfreundlich und könnte anders entscheiden.