Urteil: Wann Wohnungseigentümer verkaufen müssen
Als Wohnungseigentümer kann man nicht zum Immobilienverkauf verpflichtet werden. So mögen viele Immobilienbesitzer über ihre Eigentumswohnung denken. Doch einem Urteil des Landgerichts Hamburg zufolge (AZ 318 S 50/15) können Eigentümer sehr wohl dazu verpflichtet werden, ihre Wohneinheit zu verkaufen. Allerdings greift diese Regelung ausschließlich in besonderen Fällen. So bezieht sich das Urteil auf einen Wohnungseigentümer, der seine Verpflichtungen in einem solch erheblichen Umfang nicht nachkam, dass den Miteigentümern nicht mehr zugemutet werden konnte, mit ihm eine Eigentümergemeinschaft zu bilden.
Miteigentümer klagen gegen Messie
Im vorliegenden Fall handelte es sich um einen so genannten „Messie“. So werden Personen bezeichnet, die sich nicht von Gegenständen trennen können und diese in ihrer Wohnung horten. Je nach Schweregrad dieser Persönlichkeitsstörung gelingt es vielen auch nicht, ihren Müll zu entsorgen. Die Miteigentümer hatten aufgrund seines Verhaltens Klage gegen ihn eingereicht und die Entziehung des Wohneigentums gefordert. Das Amtsgericht Hamburg-Blankenese gab dem Antrag zunächst statt.
Zur Klage kam es unter anderem, weil der Gestank aus der Wohnung die Miteigentümer störte. Zudem hatte der Eigentümer seine Wohnung derart vollgestellt, dass Handwerker die Wohnung nicht betreten konnten, um die vorhandenen Fenster durch neue, auf Maß angefertigte Fenster zu ersetzen. Genau dies war vor längerer Zeit von der Eigentümergemeinschaft beschlossen worden. Da die Fenster nicht ausgetauscht werden konnten, mussten diese kostenpflichtig eingelagert werden.
Zudem war der Einbau von Kaltwasserzählern vorgesehen. Auch diese Arbeiten konnten in der Wohnung aus demselben Grund nicht durchgeführt werden. Zuvor war der Eigentümer bereits rechtskräftig dazu verurteilt worden, den Einbau zu ermöglichen. Darüber hinaus hatte der Eigentümer auch seinen Keller sowie seinen Parkplatz in der Tiefgarage vollständig zugestellt. Dies hat nach Angaben der Miteigentümer zu Problemen mit Ratten im Haus geführt. Der Eigentümer reagierte nicht auf die Aufforderungen und argumentierte damit, dass sein Verhalten ausschließlich seine Privatsphäre betreffe. Der Kläger ging daher in Berufung und bemühte eine Beschlussanfechtungsklage.
Amtsgericht lehnt Berufung des Eigentümers ab
Die Berufung lehnte das Amtsgericht Hamburg jedoch ab und sah die Entziehung des Wohneigentums mit Verweis auf §§ 18 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nr. 1 WEG als gerechtfertigt an, da der Eigentümer trotz diverser Abmahnungen wiederholt grob gegen seine Verpflichtungen gemäß § 14 Nr. 1 Wohnungseigentumsgesetz verstoßen habe. So sei es den Miteigentümer nicht zumutbar, die Gemeinschaft mit dem betreffenden Eigentümer fortzusetzen. Das Gericht betonte aber auch, dass eine Verpflichtung zum Verkauf einer Immobilie einen schwerwiegenden Eingriff in das grundsätzlich geschützte Recht des Eigentümers darstelle und das Erzwingen des Verkaufs daher nur unter besonderen Umständen legitim sei. Diese Umstände lagen laut Gericht vor, da notwendige Arbeiten am Gemeinschaftseigentum nicht durchgeführt werden konnten. Das Argument des Gerichts: Das Verhalten des betreffe nicht nur die Privatsphäre – also das Sondereigentum des Eigentümers - sondern auch die Fenster und Wasserzähler, die sämtliche Wohnungseigentümer betreffen. Zudem sei es über viele Jahre hinweg zu Störungen gekommen, da der Eigentümer sein Verhalten trotz mehrfacher Abmahnungen beibehielt.