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von Claudia Lindenberg | Immobilienredakteurin - Journalistin

Das Leitungsrecht & die Bedeutung für Grundstücke

Ob Telefonleitung, Stromleitung oder Abwasserkanal: Versorgungsunternehmen müssen oftmals Leitungen auf fremden Grundstücken verlegen, nutzen und regelmäßig warten, um die öffentliche Versorgung sicherzustellen. Damit dies ohne rechtliche Auseinandersetzungen möglich ist, werden sogenannte Leitungsrechte in Form einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch des betreffenden Grundstücks eingetragen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Leitungsrecht ist das Recht, auf einem Grundstück eine Leitung zu errichten, zu nutzen und zu unterhalten.
  • Das Leitungsrecht wird im Grundbuch eingetragen und gilt für unbegrenzte Zeit. Nur durch Zustimmung des Berechtigten kann es wieder gelöscht werden.
  • Den Eintrag muss ein Notar beurkunden. Hierfür fallen Kosten an.
  • Ein Leitungsrecht mindert den Wert des Grundstücks. Wenn Sie eine Immobilie mit Leitungsrecht besitzen, können Sie mit unserer kostenlosen Immobilienbewertung den Wert ermitteln.

1. Was ist das Leitungsrecht?

Das Leitungsrecht beinhaltet das Recht, auf einem Grundstück eine Leitung zu errichten, zu nutzen und zu unterhalten. Dieses Nutzungsrecht ermöglicht es beispielsweise Versorgungsunternehmen, eine oberirdisch verlaufende Stromleitung oder eine Gasleitung im Erdreich zu verlegen. Dabei handelt es sich gemäß § 1018 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wie ein Wegerecht um eine so genannte Grunddienstbarkeit beziehungsweise ein dingliches Recht, das im Falle eines Grundstücksverkaufs bestehen bleibt und den Wert des Grundstücks mindert.

immoverkauf24 Tipp

In unserem Beitrag zur Grunddienstbarkeit haben wir detaillierte Informationen zu diesem Thema für Sie zusammengestellt. In einem weiteren Beitrag können Sie sich umfassend über das Wegerecht informieren.

Wo wird ein Leitungsrecht eingetragen?

Ein Leitungsrecht wird im Grundbuch in Abteilung II eingetragen, um Rechtssicherheit für die Nutzer und Berechtigten zu schaffen (siehe hierzu auch Punkt 3). Dies ist dringend ratsam, da sich Grundstückseigentümer hinsichtlich der Nutzung fremder Grundstücke nicht auf das Gewohnheitsrecht nach dem Motto „Der Nachbar hat ja nichts dagegen“ verlassen sollten. Denn erstens kann ein Nachbar jederzeit seine Meinung ändern – und zweitens kann das Grundstück auch den Eigentümer wechseln. Für den Grundbucheintrag sind zwei Varianten möglich:

  • Grunddienstbarkeit: Sie berechtigt den jeweiligen Grundstückseigentümer zur Nutzung und geht beim Verkauf auf den neuen Erwerber über.
  • Persönlich beschränkte Grunddienstbarkeit: Sie berechtigt bestimmte Personen oder Behörden zur Nutzung und erlischt in der Regel beim Verkauf des Grundstücks. Gemäß § 1092 Absatz 3 BGB bestehen Leitungsrechte jedoch auch bei dieser Form der Grunddienstbarkeit weiter fort. Bei öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen erfolgt je nach Bundesland ein Eintrag ins Baulastenverzeichnis, der dann den Eintrag im Grundbuch ersetzt. Daher sollte vor dem Grundstückskauf nicht nur das Grundbuch, sondern auch das Baulastenverzeichnis eingesehen werden.

Was kostet die Eintragung?

Für den Eintrag fallen Kosten an, da ein Notar die Grunddienstbarkeit beurkunden muss. Die Kosten hierfür richten sich gemäß Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotkG) nach dem Wert der Grunddienstbarkeit, hinzu kommt eine Gebühr für Schreibauslagen. Beispiel: Wird der Wert der Grunddienstbarkeit des Leitungsrechts mit 3.000 EUR angesetzt, dann können sich die Kosten auf etwa 100,00 EUR summieren.

Warum sollte ein Leitungsrecht im Grundbuch eingetragen werden?

Sobald das Leitungsrecht als Belastung in das Grundbuch des sogenannten dienenden Grundstücks in Abteilung II eingetragen wurde, bleibt es auch bei einem Grundstücksverkauf weiterhin bestehen. 

Zudem kommt es mitunter vor, dass Unternehmen fremde Grundstücke nutzen müssen, um Leitungen zu verlegen. Das ist oftmals bei einer Hinterlandbebauung der Fall. In einem solchen Fall ist das hintere Grundstück ohne direkten Straßen- und Leitungsanschluss. Strom- und Telefonleitungen zum Beispiel müssen dann unter dem sogenannten herrschenden Grundstück verlegt werden. Die Verlegung der Leitung ist nur möglich, wenn der Grundstückseigentümer des herrschenden Grundstücks dem zustimmt. Hierzu kann eine weitere Grundbucheintragung im Bestandsverzeichnis erfolgen. 

Leitungsrecht

Kann ein eingetragenes Leitungsrecht gelöscht oder widerrufen werden?

Wie bei allen Änderungen im Grundbuch ist auch beim Leitungsrecht die Zustimmung des Berechtigten erforderlich, um den Eintrag eines Leitungsrechts zu löschen. Gleiches gilt für den Widerruf.

2. Wie wird der Wert des Grundstücks mit Leitungsrecht als dingliches Recht berechnet?

Das Grundstück verliert mit dem Eintrag eines Leitungsrechts an Wert, da die Nutzung eingeschränkt wird. Wie der Wert solcher Grundstücke berechnet wird, hängt von der Art der Leitung ab: So macht es beispielsweise einen Unterschied, ob es sich um eine Gas- oder eine Stromleitung handelt, die den Wert beeinträchtigt. Zudem fließen folgende Parameter in die Berechnung ein:

  • Zulässige Nutzung des Grundstücks
  • Größe und Lage des Schutzstreifens, der nicht überbaut werden darf
  • Art der Leitung
  • Tatsächlich belastete Fläche
  • Auswirkungen auf das Grundstück
  • Falls eine Entschädigung vereinbart wurde: Höhe und Art der Zahlung

Anhand dieser Eckpunkte wird die Wertminderung aus der Wertermittlungsrichtlinie (WERTR) sowie der Anlage zur WERTR abgeleitet. Generell gilt die Wertermittlung bei Grundstücken mit Leitungsrecht als schwierig, da die Beeinträchtigung vielfach nur geschätzt werden kann. Dabei gilt beispielsweise bei Erdgasleitungen, dass der Bodenwert für die Fläche des Schutzstreifens herangezogen wird, bei Stromleitungen über dem Grundstück erfolgt die Wertkorrektur über die Berücksichtigung der verringerten Geschossflächenzahl (GFZ) sowie eine Wertkorrektur von zehn Prozent wegen Elektrosmog für das gesamte Grundstück.

Beispielrechnung:

Anders als etwa bei der Grundstücksbewertung mit Erdgasleitung, bei der vom Grundstückswert der Bodenwert der Fläche des Schutzstreifens abgezogen wird, fließen bei der Berechnung im Falle einer Stromleitung sowohl die verringerte Geschossflächenzahl (GFZ) als auch der Faktor „Elektrosmog“ in die Berechnung ein.

Annahme zur Beispielrechnung: Der Bebauungsplan sieht für ein 600 Quadratmeter großes Grundstück eine Geschossflächenzahl von 0,6 vor und der Bodenwert beläuft sich auf 100 Euro je Quadratmeter. Dann erfolgt die Wertkorrektur in zwei Schritten:

1. Zunächst wird ein Wertkorrekturfaktor von zehn Prozent aufgrund von Elektrosmog für das gesamte Grundstück angesetzt. Damit sinkt der Grundstückswert des belasteten Grundstücks von 60.000 auf 54.000 Euro.

2. Aufgrund der reduzierten Geschossflächenzahl ergibt sich laut WERTR ein Umrechnungskoeffizient von 0,89, mit dem der Grundstückwert nun multipliziert wird. Der Bodenwert des belasteten Grundstücks beläuft sich somit auf 48.060 Euro, das Leitungsrecht reduziert den Grundstückswert somit um rund 20 Prozent.

3. Leitungen unter dem Grundstück – aber ohne Grundbucheintrag: Wie ist die rechtliche Lage?

Der Eintrag eines Leitungsrechts im Grundbuch gilt als rechtlich sicherste Möglichkeit, denkbar ist aber auch der Eintrag als Baulast im Baulastenverzeichnis. Allerdings reicht ein solcher Eintrag in manchen Fällen nicht aus, wie ein Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg aus dem Jahr 2014 (AZ: 1 U 104/13) zeigt: Ein Grundstückseigentümer in Delmenhorst hatte mehr als 30 Jahre lang Leitungen geduldet, die sein Nachbar ohne Eintrag des Leitungsrechts im Grundbuch verlegt hatte. Das Gericht verurteilte den Nachbarn daher, die verlegten Leitungen zu entfernen und hierfür die Kosten zu übernehmen. Die eingetragene öffentliche Baulast reiche nicht aus, so die Richter.

immoverkauf24 Hinweis

Grundstückseigentümer können dazu verpflichtet werden, eine Anlage beziehungsweise Leitung auf ihrem Grundstück zu dulden. In solchen Fällen ist kein Eintrag im Grundbuch erforderlich. Auch ein Notleitungsrecht muss nicht eingetragen werden. 

4. Welche Rechte hat der Berechtigte des Leitungsrechts?

Hier kann zunächst unterschieden werden, um welche Art Berechtigung es sich handelt: 

  • Versorgungsunternehmen: Ist unter "der Berechtigte" das Versorgungsunternehmen gemeint, welches die Leitung unterhält, dann hat dieses Unternehmen ein sogenanntes Betretungsrecht. Das bedeutet, dass das belastete Grundstück beispielsweise zu Wartungszwecken oder für den Ausbau der Leitungen betreten werden darf. 
  • Eigentümer: Unter "Berechtigtem" kann jedoch auch der Eigentümer des "herrschenden Grundstücks" gemeint sein. Dies bedeutet: Das Leitungsrecht kann in das Bestandsverzeichnis des herrschenden Grundstücks als "Aktivvermerk" eingetragen werden. So hat der Eigentümer dieses Grundstücks zum Beispiel das Recht, das Leitungsrecht löschen zu lassen beziehungsweise eine Löschungsbewilligung zu erstellen. 

5. Es wird ein Leitungsrecht eingetragen – gibt es dafür eine Entschädigung?

Es kommt durchaus vor, dass Grundstückseigentümer für den Eintrag eines Leitungsrechts im Grundbuch eine Entschädigung erhalten. Diese kann wahlweise einmalig oder monatlich gezahlt werden. Es kann jedoch auch im Interesse der Allgemeinheit von Grundstückseigentümern verlangt werden, dass sie die Nutzung dulden müssen. Insgesamt müssen jedoch stets die Vorgaben aus Artikel 14 Grundgesetz (GG) berücksichtigt werden, der den Schutz des Eigentums beinhaltet, aber auch auf das allgemeine Interesse eingeht.

immoverkauf24 Hinweis

Sie besitzen ein Grundstück und ein Versorgungsunternehmen bietet Ihnen für den Eintrag eines Leitungsrechts eine Entschädigung an? Dann sollten Sie das Entschädigungsangebot von einem Immobiliensachverständigen oder -gutachter überprüfen lassen.

6. Grundstück mit Leitungsrecht kaufen – auf was ist zu achten?

Grundstücke sind in manchen Regionen rar gesät – und wird man fündig, kann es mitunter vorkommen, dass ein Leitungsrecht im Grundbuch eingetragen ist. In solchen Fällen ist es empfehlenswert, sich vor dem Kauf rechtlich beraten zu lassen. Zudem sollte der Grundbucheintrag sowie der dazugehörige Vertrag mit allen Details geprüft werden. Ratsam ist es auch, folgende Fragen zu klären:

  • In welcher Art und Weise beeinträchtigt das Leitungsrecht das Grundstück?
  • Wo genau sind die Leitungen verlegt?
  • Um was für Leitungen handelt es sich?
  • Inwiefern kommt es zu Umweltbelastung durch das Leitungsrecht?
  • Wie beziehungsweise wie häufig werden die Leitungen gewartet?
  • Bietet der Berechtigte eine Entschädigung an und in welcher Form (einmalig oder monatlich)?

7. Grundstück gekauft – Leitungsrecht im Weg: Was tun?

Im Eifer des Gefechts übersehen manche Häuslebauer, dass sie ein Grundstück mit Leitungsrecht gekauft haben. Oder es stellt sich erst im Laufe der Bauplanung heraus, dass die Leitung eines Nachbarn im Weg liegt. Dann kann mit diesem Nachbarn (dem Nutznießer) vereinbart werden, dass die Leitung verlegt wird.

Wer die Kosten für das Umlegen der Leitung übernimmt, hängt davon ab, ob das Leitungsrecht vom vorherigen Eigentümer freiwillig eingeräumt wurde oder nicht. Ist ersteres der Fall, muss der neue Eigentümer die Kosten für die Verlegung der Leitung tragen. Wurde der Vorbesitzer hingegen vom Nachbarn entschädigt und handelt es sich um ein Notleitungsrecht; weil das Grundstück anders nicht erschlossen werden kann, muss der Nachbar für die Kosten aufkommen.