Wann lohnt sich die Ablösung eines Baukredits?
Angesichts der drastisch gesunkenen Hypothekenzinsen in den letzten Jahren, grämt sich so mancher Kreditnehmer über seinen älteren Vertrag mit deutlich höheren Zinsen. Doch wann kann man einen laufenden Baukredit kündigen, welche Kosten fallen dafür an und wann lohnt sich eine Umschuldung? Immobilienfachfrau Ilka Fronia klärt auf.
immoverkauf24: Wenn Kreditnehmer aus einem laufenden Immobilienkredit aussteigen wollen – können sie das so einfach?
Ilka Fronia: Das kommt darauf an: Wenn die Zinsbindung sich dem Ende zuneigt, dann steht einer Umfinanzierung des Kredits nichts im Wege. Sollte die Zinsbindung jedoch noch länger laufen, ist der Kreditnehmer abhängig von der Zustimmung der Bank. Und einer Umfinanzierung kann sie zustimmen, muss sie aber nicht. Auf jeden Fall wird die Bank eine sog. Vorfälligkeitsentschädigung verlangen, die je nach vereinbartem Zinssatz und dem aktuellen Zinsniveau sehr hoch ausfallen kann. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen: Wurde eine Zinsbindung von mehr als 10 Jahren gewählt, z.B. 20 Jahre, dann hat der Kreditnehmer nach 10 Jahren ein gesetzlich vereinbartes Sonderkündigungsrecht. Das heißt: Er kann auch nach der Hälfte 20-jährigen Zinsbindung aus seinem Immobiliendarlehen aussteigen – und zwar ohne Zahlung einer Entschädigung an die Bank. Er muss nur eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einhalten.
Nach 10 Jahren haben Kreditnehmer ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht
immoverkauf24: Welche Faktoren bestimmen die Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung?
Ilka Fronia: Vereinfach dargestellt geht das so: Zunächst wird ein Zinsverschlechterungsschaden eingerechnet. Nehmen wir an, ein Immobiliendarlehen mit einem Sollzins von 3 Prozent soll kurzfristig abgelöst werden. Der Bank entgeht dadurch einkalkuliertes Geld, nämlich die Kreditzinsen aus der eigentlich noch verbleibenden Zeit bis zum Zinsbindungsende. Denn bei den aktuellen Zinskonditionen kann die Bank das vom Kunden zurückerhaltene Geld nicht wieder für 3 Prozent verleihen oder anlegen. Für die Berechnung der Entschädigung müssen aber noch einige weitere Faktoren herangezogen werden, wie z.B. die Restlaufzeit des Kredits, gezahlte Sondertilgungen, Auszahlung des Darlehens und mehr. Gleichzeitig entfällt das ebenfalls in den Kredit eingerechnete Risiko, dass der Kredit nicht zurückgezahlt werden kann. Für dieses Risiko hat die Bank aber meist einen Risikoaufschlag erhoben, der nun vom Zinsverschlechterungsschaden wieder abgezogen wird. Gleiches geschieht mit Verwaltungskosten. Zudem darf die Bank eine Bearbeitungsgebühr für die Abwicklung der Kündigung verlangen.
Also, eine Vorfälligkeitsentschädigung kann man nicht einfach mit einem Dreisatz berechnen. Es gibt jedoch Vorfälligkeits-Rechner, mit denen man einen ersten Anhaltspunkt auf die Höhe der Entschädigung erhalten kann – die tatsächliche Gebühr kann aber leicht abweichen. Wichtig ist: Verbraucher sollten die von ihrer Bank berechnete Entschädigung mit einem solchen Rechner prüfen – denn bei vielen Banken fallen die Vorfälligkeitsentschädigungen zu hoch aus. So ziehen sie laut Verbraucherschützern einen zu geringen Betrag für wegfallende Risiko- und Verwaltungskosten von der Vorfälligkeitsentschädigung ab.
immoverkauf24: Wie sieht es mit dem Sonderkündigungsrecht aus, wenn man ein Forward-Darlehen bzw. eine Forward-Prolongation abgeschlossen hat?
Ilka Fronia: Dann gilt eine Besonderheit in der Immobilienfinanzierung, die viele Kreditnehmer gar nicht kennen. Zunächst einmal: Das Forward Darlehen ist eine Finanzierung, mit der sich Kunden günstige Zinsen für einen späteren Termin „reservieren“ können. Als Beispiel: Die Zinsbindung für einen Immobilienkredit mit Zinssatz von 1,2 Prozent läuft noch zwei Jahre. Wenn also Kreditnehmer fürchten, dass der Zinssatz nach Ablauf der Zinsbindung deutlich höher liegen wird, können sie ein Forward-Darlehen mit einer weiteren Zinsbindung von 10 Jahren zum aktuellen Zinssatz von 1,2 Prozent abschließen. Die Auszahlung des Darlehens erfolgt aber erst zum Ablösetermin: Die Zinsbindung des aktuellen Kredits läuft also noch zwei Jahre und anschließend beginnt die 10-jährige Zinsbindung des Forward-Darlehens.
Besonderheit einer Forward-Prolongation: Die neue Zinsbindung gilt bereits ab Vertragsschluss
ABER: Findet kein Bankenwechsel statt und schließen Verbraucher das Forward-Darlehen bei der gleichen Bank ab, dann handelt es sich um eine Prolongation bzw. Forward-Prolongation. Und bei dieser beginnt die neue Zinsbindung bereits ab Vertragsabschluss und nicht – wie normalerweise – ab Auszahlung des neuen Immobiliendarlehens. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts Bochum hervor. Viele Banken sträuben sich gegen diese Regelung, daher muss man als Kunde hier leider hartnäckig auf sein Recht beharren.
Immoverkauf24: Ist es dann nicht das einfachste, eine Forward-Prolongation bei der gleichen Bank abzuschließen?
Ilka Fronia: Einfach ja – es kann aber auch relativ teuer werden. Denn die Banken spekulieren darauf, dass die Kunden zu bequem zum Wechseln und den damit verbundenen Aufwänden sind und bieten ihnen Prolongationsangebote mit vergleichsweise unattraktiven Konditionen an. Zudem erhalten die Kunden diese Prolongationsangebote oft ziemlich kurzfristig, etwa 2-3 Monate vor Zinsbindungsende. Ich rate daher immer dazu, sich mindestens 12 Monate vor Zinsbindungsende mit den Kreditzinsen auseinanderzusetzen und die Zinsentwicklung zu beobachten. Und auch rechtzeitig Angebotsvergleiche einholen. Andere Banken werben Neukunden mit sehr guten Zinskonditionen und ein Bankenwechsel lohnt sich wirklich sehr oft.
immoverkauf24: Viele Kreditnehmer haben einen Immobilienkredit bei der KfW laufen – wie sieht es hier mit einer vorzeitigen Kündigung aus?
Ilka Fronia: Hier gilt im Großen und Ganzen dasselbe, wie bei einer Kreditablösung bei der Hausbank. Allerdings bieten manche Kreditprogramme der KfW kostenfreie Sondertilgungsmöglichkeiten an. In diesen Fällen ist sogar eine komplette vorzeitige Rückzahlung des KfW-Kredits völlig ohne weitere Kosten möglich.
immoverkauf24: Wie errechnet man, ob sich die Umschuldung lohnt? Welche Faktoren müssen einkalkuliert werden?
Ilka Fronia: Immer dann, wenn durch einen neuen Kredit die Zinsersparnis höher ausfällt, als die Kosten für den Kreditwechsel, lohnt sich eine Umfinanzierung. Es gilt also auszurechnen, wie hoch die Restschuld ab dem möglichen Ablösedatum ohne Kreditwechsel zu bisherigen Zinskonditionen wäre. Dann gilt es die Restschuld ab Ablösedatum mit den neuen Zinskonditionen zu berechnen. Die Differenz zwischen diesen beiden Beträgen ist dann die Ersparnis durch einen Neukredit mit verbessertem Zinssatz. Ist eine Vorfälligkeitsentschädigung fällig, muss diese von dem errechneten Betrag abgezogen werden. Gleiches gilt für evtl. Grundbuch- und Notarkosten, die für das Austragen der alten Bank und das Eintragen der neuen anfallen.
Bei ungültiger Widerrufsbelehrung der Bank können Kreditnehmer ohne Strafgebühren aus dem Kreditvertrag aussteigen
immoverkauf24: Wie sollten Verbraucher, die eine Umschuldung erwägen, Schritt für Schritt vorgehen?
Ilka Fronia: Zunächst sollten die Kreditnehmer sich ihren Kreditvertrag sehr genau anschauen und durchlesen. Gibt es die Möglichkeit, das gesetzliche Sonderkündigungsrecht nach 10 Jahren wahrzunehmen? Oder ist evtl. die Widerrufsbelehrung fehlerhaft? Denn dann kann der Kreditnehmer unter Umständen auch vorzeitig aus dem Kreditvertrag aussteigen, und zwar ohne Zahlung einer Gebühr. Wie schon erwähnt: Eine Bank muss einer vorzeitigen Kreditablösung nicht zwingend zustimmen. Als nächsten Schritt sollten die Verbraucher verschiedene Kreditangebote einholen. Das lohnt sich, da schon kleine Abweichungen im Sollzins einen recht hohen Zinsbetrag ausmachen können. Durch einen guten Baufinanzierungs-Vergleich kann man einige tausend Euro sparen. Eine gute Option sind dafür unabhängige Finanzierungsberater, die Zugang zu den Richtlinien und Konditionen von fast allen Kreditinstituten haben. So spart sich der Kreditnehmer viel Zeit, da er nicht von Bank zu Bank laufen muss.
immoverkauf24: Was gilt es bei den Fristen bei einer solchen Kündigung zu beachten?
Ilka Fronia: Bei der gesetzlichen Sonderkündigung nach 10 Jahren müssen Verbraucher eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einhalten. Sie können aber nach diesen 10 Jahren täglich kündigen, das heißt das Sonderkündigungsrecht ist nicht befristet. Ansonsten ist eine reguläre Ablösung immer zum Zinsbindungsende möglich.