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Handwerkerkosten treiben die Neubaupreise

Immobilienpreise 05.06.2018 Tim Schulenburg
Handwerkerkosten

Warum die Preise von Handwerkern so stark wie seit 10 Jahren nicht mehr gestiegen sind und welche Auswirkungen das auf den Immobilienmarkt hat erklärt Tim Schulenberg, Architekt und Projektplaner, im Experteninterview.

immoverkauf24: Herr Schulenburg, der Neubau von Wohngebäuden kostete laut Statistischem Bundesamt im Februar 2018 vier Prozent mehr als im Vorjahresmonat – der höchste Anstieg der Baupreise seit November 2007. Was sind Gründe dafür?

Tim Schulenburg: Dafür gibt es mehrere Faktoren: Die Neubau-Kosten steigen seit Jahren, weil sich auch Grundstücke stetig verteuern. Durch die Auflagen der Energiesparverordnung (ab 01. November 2020: Gebäudeenergiegesetz) müssen Gebäude zudem besser gedämmt werden und es muss mehr Technik verbaut werden – das sorgt natürlich ebenfalls für steigende Kosten. In den vergangenen zwei Jahren kamen dann noch verteuerte Handwerkerkosten hinzu. Die waren in jüngster Zeit die deutlichsten Preistreiber.

Baustoffe und Handwerkerleistungen sind knapp – und deshalb teuer

immoverkauf24: Was sind die Ursachen für die stark erhöhten Handwerkerkosten?

Tim Schulenburg: Die Handwerker und Baufirmen haben extrem volle Auftragsbücher. Bis vor zwei Jahren waren es noch die Auftraggeber, die sich die Handwerker ausgesucht haben. Inzwischen entscheiden die Handwerksbetriebe, welche Aufträge sie annehmen wollen. Wenn sie überhaupt noch Kapazitäten haben. Denn ich kenne Betriebe, die nehmen gar keine Aufträge mehr an, weil sie die nächsten zwei Jahre ausgebucht sind.

immoverkauf24: Das heißt, die Handwerker erhöhen die Preise, weil sie es sich leisten können?

Tim Schulenburg: Das ist so, ja. Aber das ist eine natürliche Dynamik des Marktes: Bei knappem Angebot und großer Nachfrage ziehen die Preise nun mal an. Gleiches gilt für Baustoffe: Kalksandstein – ein häufig genutzter Mauer-Baustoff – oder Kunststoff-Fenster können kaum noch nachgeliefert werden und sind bis zu 10 Prozent teurer geworden. Und solche Kosten geben die Handwerker natürlich auch an die Bauherren weiter.

immoverkauf24: Und was sind die Gründe für die gute Auftragslage der Handwerker und Baubetriebe?

Tim Schulenburg: Man bekommt es ja überall mit: Besonders in Ballungsgebieten herrscht Wohnungsnot, betroffen sind vor allem Geringverdiener, aber auch Normalverdiener. Deshalb muss viel neuer Wohnraum geschaffen werden, vor allem bezahlbarer. Das hat ja auch die Große Koalition auf die Agenda gesetzt.

Hier in Hamburg laufen zudem viele Belegungsbindungen von Wohnungen aus den 60er und 70er Jahren aus. Das heißt Sozialwohnungen, die für einkommensschwache Menschen erschwinglich waren, kommen nun auf den freien Markt. Die bisherigen Bewohner können sich die Mieten dann nicht mehr leisten – und brauchen etwas Neues. In Hamburg gibt es deshalb die Auflage, dass ein Drittel der neugeschaffenen Wohnungen gefördert sein muss.

Zudem gibt es für Investoren zurzeit nur wenige attraktive Anlagemöglichkeiten, deshalb stecken sie sehr viel Geld in Immobilienprojekte. Sie nehmen sogar in Kauf, dass sie zunächst keine sehr hohe Rendite erwirtschaften. Denn für Neubauprojekte gilt zwar keine Mietpreisbremse, aber die Preise müssen ja auch an den Markt angepasst werden, sonst bleibt die Nachfrage aus.

Zusammengefasst kann man also sagen, es wird sehr viel gebaut, weil der Bedarf so hoch und Geld vorhanden ist, und davon profitieren natürlich die Handwerker.

Auffällige Preissteigerungen bei Erdarbeiten, Betonarbeiten, Elektrik und Fensterbau

immoverkauf24: Sind alle Gewerke gleichermaßen von der Verteuerung betroffen?

Tim Schulenburg: Die Kosten für Rohbauarbeiten an Wohngebäuden sind besonders deutlich gestiegen, Anfang dieses Jahres lagen die Preise um mehr als vier Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Erdarbeiten sind sogar um bis zu sechs Prozent teurer geworden, ebenso Betonarbeiten – das sagen die Statistiken. In meinem Arbeitsalltag erlebe ich allerdings sogar Preissteigerungen von acht bis 10 Prozent. Dachbauarbeiten haben sich hingegen nicht so deutlich verteuert.

immoverkauf24: Wie kommt es zu den Unterschieden bei der Verteuerung der Handwerkerleistungen?

Tim Schulenburg: Das hängt auch mit der Attraktivität des Berufes zusammen: Zimmerer und Dachdecker sind einigermaßen gefragte Ausbildungsberufe, da gibt es genügend Anwärter. Anders sieht es etwa bei Maurern, Elektrikern und auch Festerbauern aus: Das sind körperlich sehr anstrengende Berufe, mit denen kein sehr hoher sozialer Status verbunden wird und die auch nicht so gut bezahlt sind. Deshalb gibt es weniger Nachwuchs und zunehmend weniger Mauerer & Co., die man überhaupt beauftragen könnte. Solche Betriebe können offene Stellen häufig nicht besetzen – und deshalb auch nicht alle Aufträge annehmen. Im Ausbildungsjahr 2016/2017 sind in den Handwerksberufen rund 14.000 Lehrstellen unbesetzt geblieben.

Neubau-Mieten sind häufig für Normalverdiener nicht erschwinglich

immoverkauf24: Welche Entwicklung sehen Sie für die nächsten Jahre voraus? Werden die Neubaukosten weiter steigen?

Tim Schulenburg: Ich denke in den nächsten zwei bis drei Jahren wird sich die Preisspirale weiterdrehen. In der Branche rechnet mittelfristig meines Erachtens kaum jemand mit einbrechenden Immobilienpreisen. In der Baubranche gab es zudem jüngst neue Tarif-Verhandlungen – das heißt, die Gehälter der Handwerker werden voraussichtlich nach Abschluss der Gespräche zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern spürbar steigen.

Wir als Bauträger haben momentan deshalb große Schwierigkeiten bei der Preis-Kalkulation: Wir geben den Investoren, denen wir die Projekte verkaufen, eine Preisgarantie. Es ist aber gar nicht wirklich absehbar, wie weit sich die Baukosten noch weiter verteuern werden. Wir müssen deshalb bei der Kalkulation stets einen finanziellen Puffer einbauen.

immoverkauf24: Finden solche teuren Neubauten denn überhaupt noch genügend Abnehmer auf dem Markt?

Tim Schulenburg: Ja, die Nachfrage ist da. Weil auch immer mehr private Investoren Immobilien kaufen – die wissen nicht, was sie sonst mit dem Geld machen sollen. Allerding wollen die natürlich auch Rendite erwirtschaften und verlangen hohe Mieten. Es ist deshalb fraglich, für wieviel Entspannung der Neubau auf dem Mietmarkt sorgen kann, weil viele Objekte für Gering- und auch Normalverdiener gar nicht in Frage kommen. Hier in Hamburg können Mieter wirklich froh sein, dass es die Ein-Drittel-Regelung für geförderte Wohnungen bei Neubauten gibt – das wirkt sich spürbar aus.

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