Die Auswirkungen von Lärm auf den Immobilienwert
Welchen Einfluss hat Lärm auf den Wert einer Immobilie? immoverkauf24 hat Andreas Wäscher, Immobilienmakler und Sachverständiger für Immobilienbewertungen in München, zur Praxis bei der Immobilienbewertung befragt.
immoverkauf24: Herr Wäscher, es ist allgemein bekannt, dass die Lage eines der wichtigsten Merkmale einer Immobilie ist. Aber welche Faktoren spielen bei der Lage eine Rolle?
Andreas Wäscher: Liegt das Objekt innerhalb eines zentralen, beliebten Stadtviertels – ist also die Makrolage günstig – wirkt sich das grundsätzlich positiv auf den Wert einer Immobilie aus. Aber auch innerhalb eines Viertels gibt es große Unterschiede bei der Lage, deshalb sollte auch das direkte Umfeld, die Mikrolage, betrachtet werden: Welche Bebauung befindet sich in der Nachbarschaft, wie ist das soziale Umfeld, was hat man für einen Ausblick und wie ist hier die Infrastruktur und die Anbindung? Was für Immissionen, also Einwirkungen von Störfaktoren, sind vorhanden? Das kann z.B. Straßenlärm, eine Geruchsbelästigung oder Luftverschmutzung sein.
immoverkauf24: Also spielt der Faktor Lärm für die „Lage“ und damit auch für den Wert einer Immobilie eine zentrale Rolle?
Andreas Wäscher: Auf jeden Fall! Lärm ist ein wertbeeinflussender Faktor. Schließlich wird Lärm – und besonders Verkehrslärm – ab einer gewissen Lautstärke und Beständigkeit nicht nur als störend empfunden, sondern kann auch schädlich für die Gesundheit sein.
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Lärm ist ein wesentlicher wertbeeinflussender Faktor
immoverkauf24: Das heißt, wenn sich die Geräuschbelastung in der Umgebung einer Immobilie verstärkt, verändert das auch den Wert einer Immobilie?
Andreas Wäscher: Ja, so ist es. Wenn etwa ein neuer Autobahnzubringer gebaut wird, der für eine erhebliche Lärmimmission sorgt, dann kann das den Wert einer Immobilie deutlich mindern. Es gibt natürlich auch den umgekehrten Fall: So hat etwa eine Untertunnelung den Verkehr und damit auch die Luftverschmutzung des Luise-Kiesselbach-Platz hier in München reduziert – das wirkt sich dann positiv auf die Lage und damit auf den Wert der dortigen Immobilien aus.
In welchem Ausmaß eine gesteigerte Lärmimmission den Immobilienwert beeinflusst, hängt allerdings immer von mehreren Faktoren ab:
- Von der Lärmbelastung selbst, welche Intensität hat sie etwa.
- Und von der Art der Wohnlage: Bei einer exklusiven Wohnlage sind die Objekte hochpreisiger und die Ansprüche der Bewohner höher. Deshalb wirkt sich steigender Verkehrslärm auch deutlicher in einer Wertminderung aus, denn die Ansprüche der Klientel können eventuell nicht mehr bedient werden.
- Auch die Art des Objektes selbst spielt eine Rolle und für welche Klientel sie in Frage kommt. Denn eine Zwei-Zimmer-Wohnung, die eher für junge Leute geeignet ist, wird für diese auch bei einer gesteigerten Lärmbelastung attraktiv bleiben, wenn die Lage z.B. in der Innenstadt attraktiv ist. Eine Wohnung in gleicher Lage, die hingegen eher für Familien geeignet ist, wird wahrscheinlich stärker durch eine Lärmimmission im Wert gemindert werden. Die Zielgruppe spielt also auch immer eine Rolle.
- Und natürlich ist auch die Marktsituation entscheidend dafür, ob sich Immissionen auf den Verkehrswert einer Immobilie auswirken: So wird sich in Zeiten eines Verkäufermarktes, wenn Immobilien ein begehrtes Gut sind, eine gestiegene Belastung durch Verkehrslärm weniger auswirken. Handelt es sich jedoch um einen Käufermarkt, bei dem ein Angebotsüberschuss besteht, werden Kriterien wie Immissionsbelastungen verstärkt beachtet und spiegeln sich auch deutlich im Marktwert wieder.
Die Wertminderung hängt von der Art und Intensität der Lärmbelastung und von der Immobilie selbst ab
immoverkauf24: Spielt die Art des Lärms eine Rolle? Sind manche Geräusche weniger belastend und damit weniger wertmindernd für eine Immobilie?
Andreas Wäscher: Ja, es spielt schon eine Rolle, ob der Geräuschpegel durch Kindergartenkinder in der Nachbarschaft entsteht oder durch Verkehrslärm. Denn es kommt natürlich auch darauf an, wie beständig die Geräuschbelastung ist. Der „Kinderlärm“ von Kita oder Schule ist eher vormittags gegeben und es gibt Wochenend- und Ferienzeiten, da bleibt er aus. Deshalb ist er ein weniger starker Störfaktor als dauerhaft vorhandener Lärm von Pkws und Lastern. Aber natürlich hängt es auch von der Klientel ab, wer welche Art von Geräuschen als störend empfindet: Ein berufstätiges Paar bekommt die spielenden Kinder am Vormittag gar nicht mit, während Rentner, die viel zu Hause sind, sich stärker daran stören könnten. Grundsätzlich kann man sagen, dass Straßen-, Bahn- und Luftverkehr in der Praxis am häufigsten für wertbeeinflussende Lärmimmissionen sorgt.
immoverkauf24: Und wie findet der Faktor Lärm Eingang in die Wertermittlung einer Immobilie?
Andreas Wäscher: Wir als Makler ermitteln beim Verkauf den Verkehrswert einer Immobilie, also den Preis, der voraussichtlich beim Verkauf erzielt werden kann. Dafür nutzen wir gemeinhin das Vergleichswertverfahren: Das heißt, wir betrachten die verschiedenen Merkmale vergleichbarer Immobilien und deren Verkaufspreise. Dazu kommen dann noch Ab- und Zuschläge auf den Preis, abhängig von den individuellen Eigenschaften des Objektes. Wäre also eine Immobilie zu bewerten, deren Umgebung sich etwa durch einen ausgebauten Autobahnzubringer stark verändert hat, würde ich die Verkaufspreise von ähnlich belasteten Immobilien zum Vergleich heranziehen.
immoverkauf24: Wie sieht es mit den Bodenrichtwerten aus – können diese Aufschluss über die Wertveränderungen von Immobilien z.B. durch neu entstandenen Lärm geben?
Andreas Wäscher: Grundsätzlich ja, allerdings dauert es einige Zeit, bis sich veränderte Umweltbedingungen auch in den Bodenrichtwerten widerspiegeln, da diese nur alle zwei Jahre von den Gutachterausschüssen veröffentlicht werden. Der Bodenrichtwert ist, wie der Name schon sagt, ein „Richtwert“ für klar definierte Gebiete, in denen ähnliche Grundstücksverhältnisse vorliegen. Jedes Grundstück verfügt jedoch über individuelle Gegebenheiten, die genau betrachtet werden müssen und den Wert entsprechend beeinflussen. Ein Sachverständiger würde also, vereinfacht gesagt, bei einer Immobilie, in deren Nähe der Autobahnzubringer gerade gebaut wurde und die Bodenrichtwerte noch nicht angepasst wurden, unter anderem Lagen anschauen, wo die Autobahn schon länger eine Lärmbelastung darstellt und vergleichen. Auf den Bodenrichtwert der betroffenen Immobilie würden dann entsprechende Abschläge vorgenommen. Ein reines Ablesen aus der Bodenrichtwertkarte kann zu hoch oder zu niedrig sein.
Der Ausbau des Verkehrsnetzes kann Immobilienwerte mindern, aber auch erhöhen
Umgekehrt kann selbstverständlich der Ausbau des Verkehrsnetzes den Immobilienwert auch positiv beeinflussen. In München sollen z.B. demnächst einige U-Bahn-Linien verlängert werden. Sobald die Maßnahmen beendet sind, werden die Verkaufspreise sicherlich durch die verbesserte Anbindung steigen und dies wird sich über die Jahre dann auch entsprechend in der Bodenrichtwertkarte wiederspiegeln.
immoverkauf24: Was raten Sie denn Kaufinteressenten, die sich versichern wollen, dass in der Umgebung der begehrten Immobilie keine unliebsame Lärmquelle entsteht?
Andreas Wäscher: Hier bietet es sich z.B. an, den Flächennutzungsplan der Region anzuschauen. Wenn vorhanden, auch den Bebauungsplan. Die sind inzwischen auch im Internet verfügbar. Und es schadet auch nie, mit Menschen aus der Nachbarschaft zu sprechen. Von denen sind oft interessante Dinge zu erfahren.